Schlag - © Foto: IMAGO / SKATA

„Please Come Flying“: Die Rolleiflex im Gepäck

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In ihrem neuen Roman „Please Come Flying“ spürt Evelyn Schlag einem bewegten Aufenthalt im New York der 1950er Jahre durch die Linse der Straßenfotografie nach.

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In ihrem neuen Roman „Please Come Flying“ spürt Evelyn Schlag einem bewegten Aufenthalt im New York der 1950er Jahre durch die Linse der Straßenfotografie nach.

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Allein mit der „Maasdam“ nach New York, um ihrem Mann zu folgen, der dort als Anästhesist eine einjährige Ausbildung absolvieren möchte. Eine neuntägige anstrengende Schiffsreise, um die Ehe zu sichern oder vielleicht doch gar zu retten, während das gemeinsame fünfjährige Kind bei den Großeltern in Österreich zurückbleiben muss. Mit dieser Ausgangssituation rückt die österreichische Autorin Evelyn Schlag in „Please Come Flying“ aufs Erste einen radikalen Liebesbeweis in den Brennpunkt und widmet sich fortan einmal mehr dem vielschichtigen Thema Beziehungen.

Hinter der Romanidee steckt zum Teil auch eine persönliche Geschichte, über die sie in ihren Innsbrucker Poetik-Vorlesungen „Literatur und Fotografie“ Auskunft gibt. Denn auch ihr Vater, ein Chirurg, hat eine Ausbildung zum Anästhesisten in New York gemacht; ihre Mutter ist ihm ohne Kind für acht Monate gefolgt. „Ich, die Autorin, würde mir meine Mutter aus den gestohlenen acht Monaten zurückholen, eine Engführung eines Abschnitts meiner Kindheit mit dem Schmerz meiner Mutter um die zurückgelassene Tochter.“ Neben einer Recherchereise nach New York zu den alten Schauplätzen, um sich das Setting besser vergegenwärtigen zu können, hat sie auch Diaaufnahmen aus dieser Zeit, die ihr Vater gemacht hat, digitalisieren lassen.

Die Handlung spielt im Herbst und Winter 1957/58, genau zur selben Zeit, als ihre Eltern vor Ort waren. Damals ‒ mitten im Kalten Krieg ‒ sind die Wunden noch keineswegs vernarbt. Erinnerungen an die Bombenangriffe, an die Alliierten in Österreich ziehen sich durchs kollektive Gedächtnis und daneben wachsen Schweigen und Traumata derjenigen, die an der Front waren. Wie sensibel dieses Terrain ist, spiegelt sich in zahlreichen Rückblenden wider, die Schlag als Reflexionsspuren in die einzelnen Gespräche webt.

Neuer Ort, neue Welt

Für Lisa, die Protagonistin, ist der Aufbruch nach New York zweischneidig. Einerseits kann sie sich noch gar nicht vorstellen, wie sie dieses Jahr ohne ihre kleine Tochter verbringen wird. Andererseits beschließt sie, „sich der Wucht dieser Stadt auszuliefern, sich [im] Rausch des Neuen zu verlieren“. Da ihr Mann nur ein kleines Gehalt bekommt, arbeitet sie bei einer New Yorker Familie, bei der sie auch wohnt, als Nanny. Besonders schmerzhaft ist für sie, dass ihre Tochter im gleichen Alter wie Suzy ist, mit der sie hier in der Ferne ihre Zeit verbringt. Doch zum Glück hat sie eine Rolleiflex. An den freien Tagen zieht sie mit ihr allein oder manchmal auch gemeinsam mit Suzy durch die unterschiedlichsten Viertel.

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