Resignation und Hoffnung

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Eine der Erfolgsopern der jüngeren Vergangenheit, Péter Eötvös' "Tri Sestri", erlebte unter der Leitung des Komponisten eine akklamierte Erstaufführung an der Wiener Staatsoper.

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Eine der Erfolgsopern der jüngeren Vergangenheit, Péter Eötvös' "Tri Sestri", erlebte unter der Leitung des Komponisten eine akklamierte Erstaufführung an der Wiener Staatsoper.

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Jährlich eine zeitgenössische Oper in den kommenden Jahren hat Staatsoperndirektor Dominique Meyer versprochen. Die letzte, für Dezember 2019 vorgesehen, "Orlando" von Olga Neuwirth nach dem gleichnamigen Roman von Virginia Woolf, wurde schon bekanntgegeben. Für weitere Novitäten, so wenigstens wird es kolportiert, sind Johannes Maria Staud und Krysztof Penderecki im Gespräch.

Zeitgenössisches stand schon bei der jüngsten Staatsopernpremiere auf dem Programm: Péter Eötvös' Oper in drei Sequenzen nach Anton Tschechows gleichnamigem Schauspiel "Tri Sestri" ("Drei Schwestern"). Neu ist das 1998 in Lyon uraufgeführte Werk für Wien nicht: Seine Wiener Erstaufführung erlebte es anlässlich der Wiener Festwochen 2002. Auch damals, im Theater an der Wien, leitete der Komponist - ein veritabler Dirigent, den Pierre Boulez als Nachfolger für sein Ensemble InterContemporain engagierte und den auch die Wiener Philharmoniker schon an ihr Pult gebeten haben - die Aufführungen. Nicht alleine, denn er hat sich für die musikalische Realisierung dieses Stoffes gleich zwei Orchester ausgedacht: ein kleineres, die Protagonisten begleitendes im Orchestergraben, ein zweites hinter der Bühne, das für den symphonischen Klang sorgt. Diesmal in der Staatsoper unter Jonathan Stockhammer, der sich dabei stets im besten Einklang mit Eötvös zeigte und dementsprechend zusammen mit ihm gefeiert wurde.

Aber nicht nur Stockhammer feierte sein Debüt im Haus am Ring sondern auch der seinerzeit von Franz Welser-Möst entdeckte und nun für diese Inszenierung verpflichtete Regisseur Yuval Sharon. Kunst solle Kunst bleiben, lautet sein künstlerisches Credo. Daher will er mit seiner Arbeit nicht eine Botschaft übermitteln, sondern Bilder offerieren, welche durch ihre Vielschichtigkeit die Besucher zum eigenen Reflektieren anregen.

Atmosphärisch dichte Arbeit

Eötvös' Opernsujet bietet dazu die entsprechenden Möglichkeiten. Denn es erzählt aus den unterschiedlichen Perspektiven der drei sich in der Provinz langweilenden und in unterschiedlichen Dreierkonstellationen befindenden Schwestern Irina, Masch und Olga deren Gegenwart mit Vergangenheit mischende Geschichte. Zu erwarten ist, dass sich an ihrem Schicksal auch in Zukunft kaum etwas ändern wird. Das hat den Regisseur, der das Geschehen in einem zuweilen mit Türen bestückten, an ein Herrschaftshaus erinnernden Einheitsraum (Ausstattung: Esther Bialas) ablaufen lässt, dazu inspiriert, das Thema dieser quasi ständigen Wiederkehr von Situationen durch Laufbänder zu symbolisieren, auf denen andauernd Requisiten vorbeiziehen. Eine Idee, die vor allem bei der ersten Sequenz den Blick zu sehr auf diese Bilder konzentriert und weniger auf die Beziehung der einzelnen Personen, die in der Folge ungleich deutlicher gezeigt werden. Jedenfalls eine gedankenvolle, atmosphärisch dichte Arbeit, die weniger auf das Sichtbarmachen der einzelnen Handlungsstränge als die Darstellung der unterschiedlichen Seelenlandschaften der einzelnen Protagonisten zielt.

Die auf beziehungsvollen Dreitonakkorden basierende Musik, bei der einzelne Instrumente bestimmten Personen zugeordnet sind, konterkariert den Charakter bewusst nicht, sondern unterstützt illustrativ. Selbstredend, dass sie beim dirigierenden Komponisten und seinem Mitkombattanten in den besten Händen war. Dies bewies auch das differenzierte Spiel des Orchesters hinreichend. Nicht minder überzeugend präsentierten sich die exzellenten Protagonisten, angefangen von den die drei Schwestern darstellenden Aida Garifullina, Margarita Gritskova und Ilseyar Khayrullova, zumal Eötvös diese ursprünglich Countertenören zugeordneten Rollen mit drei ebenso virtuosen Frauenstimmen besetzte. Auf einen brillanten Counter musste man dennoch nicht verzichten: Eric Jurenas prunkte in der Rolle der ungeliebten Schwägerin Natascha. Und ein weiteres Kabinettstück war der Doktor von Norbert Ernst.

Tri Sestri (Drei Schwestern)

Staatsoper, 13., 16., 18. März

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