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Die Papstbuste im Dom

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Der Nachwelt zum heiligen Gcdächtniszeichen, daS Papst Pius VI - im Jahre des Heiles 1782 in dieser Domkirche des heiligen Stephanus unter Assistenz des Wiener Fürsterzbischofs Kardinal Christoph Miggazzi am 31. März, am Ostersonntag, das Hochamt gefeiert hat.

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Der Nachwelt zum heiligen Gcdächtniszeichen, daS Papst Pius VI - im Jahre des Heiles 1782 in dieser Domkirche des heiligen Stephanus unter Assistenz des Wiener Fürsterzbischofs Kardinal Christoph Miggazzi am 31. März, am Ostersonntag, das Hochamt gefeiert hat.

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So lautet gekürzt die Liebersetzung der lateinischen Inschrift unter der Büste Papst Pius' VI., die auf der linken Seite des Hochaltars von £t. Stephan zu Wien in einer Marmornische über dem Eingang zur Sakristei steht. Der verstorbene Kirchenhistoriker Univ.-Prof. Prälat Dr. E. T o m e k schrieb über das bedeutende kirchengeschichtliche Ereignis: „Das war... der größte Tag, den der alte Stephansdom im Laufe seines nun bald achthundertjährigen Bestandes erlebt hat.“ (Spaziergänge 1/23.) Entsprechend künstlerisch hochwertig ist das Denkmal in Form der Papstbüste.

Obwohl jedoch seit diesem Geschehen erst etwa 150 Jahre vergangen waren, kam der Künstler der Büste in Vergessenheit. So konnte es geschehen, daß schließlich nur noch vermutet wurde, wer es gewesen sein könnte. In seinem Stephansdomwerk schrieb Universitätsprofessor Dr. H. T i e t z e :

„Oesterreichische Arbeit, die in der knappen Charakteristik des Kopfes und der trockenen, detailreichen Behandlung des Beiwerks am meisten an die von Chr. Vinazer gearbeitete Büste von Metastasio in der Nationalbibliothek erinnert; daß Christians Bruder Josef eine ausgezeichnete Porträtmedaille des Papstes anläßlich seines Wiener Besuches schuf, mag die Wahrscheinlichkeit der Zuschreibung vermehren.“

Unter den gegebenen Umständen ist sogar .verständlich, daß z. B. der Katalog der Stephansdomausstellung die Urheberschaft des Christian Vinazer bereits als feststehende Tatsache behandelte. Und doch lag ein Irrtum vor, wie sich nunmehr herausstellt.

Eine Eintragung in der „Kirchenamtsrechnuhg“ 178 3 zeigt einwandfrei die Herkunft der Papstbüste auf. Bei den „Ausgab auf Handel- und Handwerksleute“ steht unter Nr. 250 auf Fol. 76: „Vermög angebogener Paßirung No. 250 dem Herrn Johann von Hagenauer, k. k. Graveur-Direktorn für ein Stuckstein Allabaster, so zum Bruststück Pabsten Pium den 6ten vorstellend verbrauchet worden, seine adjustirte Quittung Nro. 251 ... fn. 150.-.“

Die „Kirchenamtsrechnung“ ist nichts anderes als die schon aus dem Mittelalter bekannte Jahresrechnung des Kirchenmeisteramtes an der Domkirche und besitzt darum urkundliche Beweiskraft. Nicht Chr. Vinazer also, sondern J. Hagenauer heißt der Meister der Papstbüste. Nicht weniger als jener erfüllte auch dieser alle künstlerischen Erfordernisse, um eine so anspruchsvolle Arbeit wie das Porträt des Papstes zu vollbringen. Das bezeugen Werdegang und Werke Hagenauers.

Das biographische Lexikon von Wurzbach berichtet über Hagenauer:

„Geboren zu Straß in Bayern 1732, gestorben in Wien 9. September 1810. Da er früh Talent zur Bildhauerkunst zeigte, kam er zum Bildhauer ltzlfeldner in Tittmoning in die Lehre und übertraf bald seinen Meister. Seine Arbeiten machten ihn schnell bekannt. Erzbischof Sigismund Graf von Schrattenbach schickte ihn zur weiteren Ausbildung nach Wien, wo er die Akademie der bildenden Künste besuchte, und später nach Italien, wo er an den Akademien zu Rom und Florenz arbeitete und mehrere Preise erhielt. Nach seiner Rückkehr wurde er Hofstatuarius in Salzburg und schuf daselbst und an anderen Orten viele, mitunter kolossale Werke in Stein und Erz. So zum Beispiel... die Erzstatue der Immaculata auf dem Domplatz in Salzburg und die übrigen Figuren; in Böcksteiri bei Gastein die .Madonna' am Hochaltare. Später folgte er einem Rufe als Hofstatuar nach Wien, wo er ein Kunstmagazin eröffnete, in welchem verschiedene Gypsstatuen gegossen, dann in Marmorart geglättet und bronziert wurden.. In Schönbrunn befinden sich mehrere seiner Arbeiten; unter anderen ist die eine der zwei Marmorgruppen, welche die Springbrunnen im Vorhofe des kais. Lustschlosses bilden, von ihm; ferner mehrere Statuen, 16 kolossale Marmorvasen und die Armaturen auf der Gloriette. In der Folge wurde er Rath an der k. k. Akademie der bildenden Künste, Director und Professor der Gravirschule ...“

Als er die Papstbüste für den Stephansdom schuf, war Hagenauer sozusagen auf der Höhe seiner Künstlerschaft, nämlich 50 Jahre alt.

Die zunächst wohl nur als Modell entworfene Plastik führte offenbar der Meister nicht selber in Alabaster aus, sondern bediente sich eines Helfers. Auch dafür findet sich die entsprechende Eintragung in der Kirchenamtsrechnung 1784 unter Nr. 256 aufo Folio 70:

„Vermög der in vorjähriger Rechnung sub No. 2 50 beygelegter Paßirung dem Franz Vogl Bildhauer für das verfertigte alabasterne Bruststük, Pabst Pium den 6ten vorstellend, ut dessen Quittung No. 25e ... fn. 60.—.“

Gleich der nächste Posten Nr. 257 auf Fol. 71 betrifft die eingangs erwähnte Inschrifttafel: „Der Maria Anna Steinbekin Steinmezmeisterin für die schwarzmarmorne Blatten zu der Schrift des Päbstl. Portrait ut Noi 257... fn. 26.-.“

Nicht genannt ist der geistige Urheber der beachtenswerten Einordnung des Denkmals in die Architektur der Hauptchorapsis, wenn nicht vor allem der damalige Bauübergeher Friedrich Rudolf P o t s c h oder vielleicht Hagenauer selbst hiefür in Betracht kommt. In geschickter Weise nämlich wird die Reihe der Bischofsbüsten im Domherrengestühl, an deren Anfang das Porträt Papst Pauls II. als Gründers des Wiener Bistums gesetzt ist, über den erzbischöflichen Thron gleichsam fortgeführt und so ergibt sich schließlich die bedeutungsvolle Anordnung, daß der Thron des Erzbischofs von den beiden Papstbüsten flankiert ist. Kaum unbeabsichtigt sollte damit wohl ein Sinnbild der nimmermüden Sorge entstanden sein, welche die Päpste allzeit um das katholische Wien getragen haben. letzt daran zu denken und dafür zu danken, bo.t der 80. Geburtstag des gegenwärtig regierenden Heiligen Vaters Pius XII. Anlaß.

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