6744295-1967_01_04.jpg
Digital In Arbeit

NIKOLAUS HOVORKA / ABSCHIED VON EINEM CHRISTLICHEN DEMOKRATEN

Werbung
Werbung
Werbung

„Du warst uns in böser Zeit ein mutiger, treuer Kamerad, und wer dich näher gekannt, hat an dir das geschärfte Empfinden für Recht und Gerechtigkeit, die leidenschaftliche Anteilnahme am Los der besitzlosen Massen und deine mutige religiöse Haltung geschätzt.“ Mit diesen Worten sprach Friedrich Funder Nikolaus Hovorka auf einer entscheidenden Strecke von dessen Leben an. Die zahlreichen Freunde und Gesinnungsgenossen, die den am 23. Dezember 1966 Verschiedenen auf seinem letzten Weg begleiteten, hätten beinahe zwei Jahrzehnte später kaum mit ehrenderen Worten von diesem Christen und Demokraten Abschied nehmen können.

Nikolaus Hovorka, der am 6. Dezember 1901 als Sohn eines Arztes geboren wurde, gehörte einer engagierten Generation an. Die „zornigen jungen Männer der dreißiger Jahre“ — so charakterisierte Präsident Maleta trefflich sich selbst und seine Freunde, zu denen Hovorka gehörte — bildeten so etwas wie den „linken Flügel“ der Vaterländischen Bewegung. Mögen sich junge Wohlstandsbürger ob der „Weltfremdheit“ auch heute vielleicht verwundern: der mit 24 Jahren zum Journalismus gestoßene Hovorka verkauft, nachdem er in der „Reichspost“ die ersten journalistischen Gehversuche gemacht hat, den stattlichen väterlichen Besitz, um eine Zeitschrift zu finanzieren. Die „Berichte zur Kultur- und Zeitgeschichte“ machen viele auf ihn aufmerksam. Zu viele. 1938 steht sein Name auf den Proskriptionslisten der Geheimen Staatspolizei. Vier Jahre Dachau und Mauthausen folgen. Durch das Erlebnis der „Lagerstraße“ aufgerüttelt, nahm er in seinem großen Idealismus für seine Person das sich heute erst anbahnende Gespräch zwischen Christen und Marxisten vorweg. Als er dies jedoch durch die Realität nicht gedeckt sah, zögerte er nicht lange, die Konsequenzen zu ziehen. Die Jahrgänge 1949 und 1950 unseres Blattes geben davon beredt Zeugnis. In ihnen ist über die Entscheidung eines Mannes hiniaus gleichzeitig ein Kapitel österreichischer Geistesgeschichte aufgezeichnet. Nachdem der Versuch, die „Berichte“ neu herauszugeben, nicht nur an Kapitalmangel, sondern vielleicht noch mehr — sagen wir es offen — an der Oberflächlichkeit unserer Zeit gescheitert war, gesellte er sich dem Kreis um das „Offene Wort“ zu. In dieser Zeitschrift, deren Redaktion er vorübergehend leitete, fand er Menschen, die, wie er selbst, nicht nur von der christlichen Sozialreform redeten oder schrieben, sondern es mit ihr ernst meinten. Später gewann ein alter Kampfgefährte der Jugend — Alfred Maleta — Hovorka für den ÖAAB und dessen Organ „Die Freiheit“. In einer Zeit, die „Entideologisie-rung“ groß schreibt, schärfte er in der Laudongasse das Wissen, aber auch die Gewissen. Daneben aber widmete er beinahe die letzte freie Stunde der Volksbildung, der er seit den Tagen Ludo Hartmanns verbunden war. Keine Reise war zu weit, keine Versammlung zu klein: Nikolaus Hovorka machte sich auf den Weg. So erlitt er auch die erste schwere Herzattacke auf einer Vortragsreise, eine zweite machte am 23. Dezember im Spital zu Neunkirchen seinem Leben ein unerwartetes Ende.

Ohne Demokraten stirbt eine Demokratie. Ohne christliche Demokraten vom Schlage Nikolaus Hovorka, von seiner Verwurzelung in ihren Ideen und seiner Bekenntnisfreude bliebe von einer Partei, die sich christlich-demokratische nennt, leicht eines Tages nur der Name.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung