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Richtiges Horen und Sehen, nicht Berieselung!

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In den repräsentativen Räumen des Palais Auersperg tagte, wie bereits berichtet, vom 22. bis 27. April der Weltkongreß der Katholischen Internationalen Vereinigung für Rundfunk und Fernsehen (UNDA). Delegierte aus aller Welt, von Paris und Amsterdam bis zu den Antillen und Chile, waren in diesen Tagen zu verantwortungsvollen Vorträgen und Beratungen versammelt, dem Worte Gottes die modernen Verkündigungsmittel zu sichern. Bereits in der Eröffnungsansprache betonte Kardinal-Erzbischof Dr. Innitzer die Forderungen der Kirche an Rundfunk und Television, während Unterrichtsminister Dr. Drimmel die Einstellung des modernen demokratischen Staates formulierte. Der Programmdirektor des österreichischen Rundfunks und Diskussionsleiter der Beratungen, Professor Dr. Rudolf Henz, stand mehrfach im Mittelpunkt des Kongresses und wurde von der Generalversammlung der UNDA in deren Exekutivkomitee berufen.

Daß der Bildfunk, der überall noch in seinen Anfängen oder Vorbereitungen steckt, das erhöhte Interesse vor dem bereits eingefahrenen Hörfunk beanspruchte, erklärt sich aus realer Notwendigkeit und Verantwortung, Fehler a priori zu vermeiden und für religiöse Sendungen die möglichst wenig experimentale und möglichst gültige Form, damit aber auch die missionarisch wirksamste, zu finden. Der predigende Priester vor Kamera und Mikrophon, Liturgie und Fernsehen, Television als Erziehungsmittel, Erziehung des Publikums zum richtigen Hören und Sehen zuvörderst sind zweifellos nur schwer und mit außerordentlichem Takt zu lösende Probleme. Ein Wort Professor Holzamers (Mainz) sei in diesem Zusammenhang besonders erwähnt: er wandte sich gegen die geist- und gedankentötende „Berieselung“ und meinte, der Hörer müsse mit dem Aufdrehen einer Sendung zugleich das Abdrehen lernen.

Einen besonders breiten Raum erforderten die Beratungen über die Bildübertragungen des Gottesdienstes (Messe). Begreiflicherweise gibt es viele Gegner dieses Gedankens, aber auch viele Förderer. Man kam überein, darüber eine Stellungnahme Roms zu erbitten und bis dahin mit größter Vorsicht, der Mentalität der verschiedenen Völker entsprechend, zu verfahren. Aus Ländern, die bereits Gottesdienst mit Bildfunkübertragung durchgeführt haben, wird übereinstimmend berichtet, daß sie zu den eindrucksvollsten und begehrtesten Bildsendungen gehören.

Zum Pontifikalamt, das Msgr. Bischof Charriere aus Lausanne, der päpstliche Delegierte bei der UNDA, in der Burgkapelle zelebrierte, wurde von den Wiener Sängerknaben Palestrinas „Missa brevis“ gesungen. Man kann die künstlerische Ausführung als vollendet bezeichnen, ja, Palestrina schien uns in dem ehrwürdigen Raum der Burgkapelle von unmittelbarerer musikliturgischer Wirkung als irgendeine instrumentale Messe. Das gleiche gilt für Bruckners „Locus iste“ und „Ave Maria“. Die ausländischen Gäste würdigten in bewegten Worten die Schönheit dieser Kirchenmusik und ihrer Ausführung.

Im Programm des Kongresses stand auch das vom österreichischen Rundfunk den Teilnehmern gegebene Konzert im Großen Musikvereinssaal, dessen Programm einerseits einen kleinen Querschnitt der österreichischen Musiktradition darstellte, in tieferem Sinne jedoch die bruchlose Einheit dieser Musik vom Sakralen bis zum Kulinarischen, von der Kirche bis zum Tanz, oft im Schaffen eines einzigen Meisters, miterleben ließ. Es begann mit Beethovens Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“ und reichte über Motetten Anton Bruckners bis zum Donauw3lzer von Johann Strauß. Das große Rundfunkorchester unter Max Schönherr spielte mit großer Disziplin und belebendem Schwung. Dorothea Siebert und Walter Berry eroberten die Sympathie der Zuhörer ebenso durch ihre schönen Stimmen als durch die Frische ihrer Interpretation, und die Wiener Sängerknaben errangen zum zweitenmal das Lob und die Begeisterung der ausländischen Gäste (samt den inländischen).

Ein Empfang bei Kardinal Dr. Innitzer sowie ein vom österreichischen Rundfunk veranstalteter ergaben reichliche Gelegenheit zu gesellschaftlichen und privaten Begegnungen. Mit einer großangelegten Schlußrede des Apostolischen Nuntius Erzbischof Dr. Dellepiana wurde die Tagung beschlossen, die Wien wieder einmal auf einem wichtigen und weltbewegendem Gebiet zum Aktionszentrum machte.

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