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Verärgert über die SAS

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Der Minister für Touristik in der singfors und dem Hafen Tallin in Sowjetregierung, V. M. Ankudinov, Estland.

ließ bei Gelegenheit eines wochenlangen Besuches in Schweden sehr deutlich verstehen, daß er mit der Verkehrspolitik der halbstaatlichen skandinavischen Fluggesellschaft SAS äußerst unzufrieden ist. Die SAS — wie übrigens auch andere westliche Fluggesellschaften — hindere die Ausweitung des Touristenverkehrs zwischen Skandinavien und der Sowjetunion, sagte der Minister in Stockholm. Die Sowjetunion sei bereit, ihre Grenzen für Besucher aus dem Westen weit au öffnen, die von den Fluggesellschaften verlangten Preise seien jedoch so hoch, daß sie auch durch ein weitgehendes Entgegenkommen der Beherbergungsbetriebe in der Sowjetunion nicht ausgeglichen werden könnten.

Von Lappland bis zur Krim

Noch heuer werde deshalb die Sowjetunion eine neue und verbilligte Fluglinie zwischen dem nördlichsten Skandinavien und der südlichen- Sowjetunion eröffnen! Die Linie wird über die finnisch-russische oder norwegisch-russische Grenze führen. Benutzer der neuen Flugverbindungen — in erster Linie die Bewohner der Erzgebiete des Nordens — können mit der Hälfte der bisherigen Preise rechnen. Damit erhält das „rote Lappland“ eine Direktverbindung mit der Krim, eine Möglichkeit, die man sich noch vor wenigen Jahren nicht hätte träumen lassen!

Doch die Liste der sowjetischen Pläne enthält noch mehr:

• Den Einsatz von schnellen Motorbooten zwischen Stockholm und Leningrad.

• Die Einrichtung eines regelmäßigen Fahrgastverkehrs zwischen Hel-

• Eine direkte Schlafwagenverbindung zwischen Stockholm und Moskau über Berlin.

• Die Öffnung neuer Gebiete der Sowjetunion für den Besucher aus dem Norden; der.Kaukasus und das Pamir-Hochland sind dabei zuerst an der Reihe.

• Taschkent, Samarkand und Buchara sollen beliebte Reiseziele der Nordeuropäer werden.

• Gewährung von umfassenden Rabatten für Familien mit Kindern. Preisermäßigung von 50 Prozent für das erste Kind unter zehn Jahren

Die Nordkalotte Europas

Das Gebiet, das nun durch eine direkte Fluglinie mit dem Raum um das Schwarze Meer verbunden werden soll, hat den Regierungen der berührenden Länder schon viele Sorgen bereitet. Ob es sich bei den Bewohnern der sogenannten Nordkalotte Europas nun um Schweden, Norweger, Finnen oder Lappen handelt, sie alle fühlen sich von den Regierungen in Oslo, Stockholm und Helsinki benachteiligt und zur Seite geschoben. In diesem Raum, der von einer Linie begrenzt wird, die südlich des Polarkreises etwa in der Höhe von Pitea und Oulu über die nördliche Ostsee verläuft, gibt es auch ein ständiges und sehr irritierendes Arbeitslosigkeiitsproblem. Die Lokalisierungspolitik der Regierun-

Nur C O S Y - Ansichtskarten allein können so farbenprächtig wie Österreichs Landschaft sein und so richtig die Tage des Urlaubs widerspiegeln!

COSY-Kunstverlag, Alfred GRÜNDLER, Salzburg

gen hat so gut wie vollständig versagt. Hunderte Waldarbeiter und Kleinbauern in den weltverlorenen Siedlungen sind einen großen Teil des Jahres ohne Beschäftigung. Die Gewerkschaften in den Grubendistrikten haben kommunistische Mehrheiten. In den finnischen Erz-und Holzhafen Kernt kam es vor wenigen Jahren zu einer regelrechten Revolte gegen die Zentralregie-rung, bei der Militär eingesetzt werden mußte. Obwohl schon lange zurückliegend, ist auch heute noch nicht vergessen, daß vor dem zweiten Weltkrieg hunderte Bewohner des schwedischen Lapplands in die Sowjetunion auswanderten, weil sie im eigenen Vaterland keine Lebensmöglichkeiten mehr sehen konnten. Es steht auf einem anderen Blatt, daß der übergroße Teil dieser Auswanderer dann bitter enttäuscht wurde oder in Stalins Rußland unterging!

Als es in diesem Gebiet zu umfassenden Investitionen kam, dann in erster Linie im Rahem der Ver-teidigungsimaßnahmen der NATO. Längs der norwegischen Küste, von Bodo bis Kirkenes, spannt sich heute eine ganze Kette von Militärflugplätzen: Bodo — Narvik — Harstad — Bardufoss — Tromsö — Alta — Hammerfest — Kirkenes — Vadsö — insgesamt neun bekannte und einige unbekannte Flugplätze für ein Gebiet, das nur 460.000 Einwohner zählt! Der Dollarstrom, der hier in das Land floß, war trotz allem nicht von der richtigen Sorte!

Die Schweden haben in diesem Gebiet im wesentlichen nur den Flugplatz von Kiruna; die Pinnen verfügen über die Flugplätze Kemi, Ro-vaniemi und Ivalo. Kemi und Kirkenes erscheinen als die geeignetsten Abspruingplätze nach dem ■ Süden, wenn nun die NATO, die jenseits des Varangerfjords um Vadsö und Vardö starke Stützpunkte hat hier nicht unübersteigbare Hindernisse in den Weg legt.

Autonomietendenzen

Die Bewohner aller drei Läodei fühlen sich einander viel enger verbunden als mit den Behörden in der Hauptstädten. Es konnte deshalb auch nicht ausbleiben, daß eir ums andere Mal die Forderun* nach der Bildung eines unabhängigen Nordskandinaviens erhober wurde, sogar von Mitgliedern dei Parlamente, die in diesem Raum gewählt worden waren. Ebenso fühli man eine gewisse Verwandtschaft mi' der Bevölkerung der angrenzender nordrussischen Gebiete. Wieweit e; dem NATO-Engagement der Regierung in Oslo gelungen ist, dem norwegischen Teil der Bevölkerung eir nordatlantisches Verbundenheitsge-fühl einzuflößen, ist schwer zu sagen doch man wird daran gut tun, dieser Einfluß nicht zu überschätzen. Unc daraus geht hervor, daß man mehi als bisher die Entwicklung im hoher Norden Europas beachten sollten!

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