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Zusammen sechs

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Der General-Landeschef wurde immer ungeduldiger, Potiorek wollte endlich Untersuchungsergebnisse, er drängte, begreiflicherweise.

Endlich, nach drei Tagen, konnte er ein weiteres Resultat nach Wien depeschieren:

„Es wurde erhoben, daß die beiden Attentäter in Begleitung eines dritten jungen Mannes von Belgrad nach Tuzla gekommen sind. Diese dritte Person dürfte ein gewisser Grabei aus Pale bei Sara- jewo se M. Sristū fyeTifallgiigriii: und Präparandist. .XGmbqi war Gymnasiast, nicht Schüler der Lehrerbildungsanstalt. Anm. des Verf.) Nachdem er gestern in Pale nicht zu finden war ... wurde er soeben in Praca verhaftet."

Auf die Spur des Grabez brachte der Schriftsetzer Cabrinovič das Gericht.

Der 16jährige Grabez hatte bereits von sich reden gemacht; er galt unter den serbischen Mittelschülern Bosniens als Aktivist und, weil er den Professor Truhelka geohrfeigt hatte, als Retter der nationalen Ehre.

Daraufhin war Grabez nach einer kleinen Strafe außer Landes gegangen, nach Belgrad natürlich.

Von dort schrieb er Briefe, in denen er der Hoffnung Ausdruck gegeben hatte, „bald von den Offenbarungen unserer verzauberten Seele zu hören“. Das sollte eine Anspielung auf Krawalle und Revolten sein.

100 Schritte mein Reiselegitimation abverlangt.“

„... das Hotel Imperial wurde ganz vernichtet...“

„ ... das Hotel Europe des Jefta- novii wurde beschädigt und devastiert.“

Die Beschädigung des Hotels erfolgte bei den proösterreichischen Demonstrationen durch die mosli- mische und kroatische Bevölkerung, die zu Plünderungen des Pöbels ausarteten. Von serbischer Seite wurde behauptet, diese Demonstrationen hätten auf Initiative der Polizei eingesetzt, und es sei dabei zur Zerstörung von serbischen Wohnungen und Gaststätten gekommen. In der Aufstachelung der Massen habe sich die kroatischklerikale Tageszeitung besonders hervorgetan. Erst nachdem der Pöbel sich ausgetobt hatte, sei das durch eine verheerende Salve abzuhalten gewesen wären, welche Endmaßregel von den einzelnen Kommandanten in Voraussicht der verhängnisvollen Folgen zum Glück nicht angewendet wurde.“ (Die Demonstranten sangen beim Näherrücken des Militärs die Kaiserhymne und zwangen damit die Soldaten zur „Habtachtstellung“. Anm. d. Verf.) „So wurden die Lokale der ,Prosvjeta’, des ,Narod’ und der ,Srpska Rijec’, die serbische Schule, das Cafe Europe, die Wohnung des Virilisten Jeftanovič, die Stallungen desselben und zahl-

Princip hielt viel von Grabez; er nannte ihn einen guten Menschen und „eine edle Seele“.

Als Cabrinovic Grabez angab, nahm . er vielleicht an, daß der Dritte in ihrem Bund geflüchtet und bereits über alle Berge sei.

Vielleicht dachte er so, vielleicht auch nicht. Denn über Ilic, den verhafteten Herrenmenschen, schwätzte Cabrinovic in seiner Art ebenfalls einige nicht uninteressante Einzelheiten aus. Die Angaben über Ilic widerrief er nicht; zum Unterschied von jenen Angaben, die er bei der Polizei über den städtischen

Angestellten Pusara gemacht hatte. Über das „Signal“ aus Bosnien meinte Cabrinovic im Verhör, wahrscheinlich werde Princip den Grabez über den Inhalt der Zeitungsnotiz informiert haben, „denn sie waren intime Freunde“.

Und drei bis vier Tage nachher sei es dem Cabrinovic bereits klar gewesen, „daß Grabez denselben Gedanken hatte“.

Morden — umschrieben

„Denselben Gedanken“, so umschrieben die jungen i Verschwörer „gern das Wort Mord, das man doch i nicht immer und überall aussprechen konnte. Cabrinovic gab dann weiter zu Protokoll,

daß Grabez mit ihnen von Belgrad nach Sarajewo reiste, und zwar bestiegen sie am Tage Christi Himmelfahrt um 7 Uhr das Schiff, fuhren (saveaufwärts) nach Šabac, die Bomben im Gürtel, die Revolver in der Tasche. An Geld hatten sie beiläufig 200 Kronen bei sich;

in Loznica, wohin sie am nächsten Morgen weitergereist waren, trennten sie sich;

Cabrinovic ging bei Zwornik über die österreichisch-ungarische Grenze, die Ausweiskontrolle passierte er mit dem Paß des Grabez, den er an sich genommen hatte;

die beiden anderen gingen von Loznica aus auf Schmuggelwegen über die Grenze nach Tuzla (Salzgewinnung, Zwetschkenhandel, Verschwörergymnasium).

Cabrinovic war zwei Tage vor ihnen in der kleinen Kreisstadt. Gemeinsam, zu dritt, fuhren sie dann mit der Bahn von Tuzla nach Sarajewo.

Und die Waffen?

Cabrinovic: „Die Waffen hatten die beiden mir abgenommen, in Tuzla erkundigte ich mich nach ihnen. Princip aber sagte zu mir: ,Kümmere du dich nicht darum.’ Sie verrieten mir auch nicht, wo sie die Waffen deponierten — sie hatten nicht genügend Vertrauen zu mir — meinten, ich sei nicht ernsthaft, denn schon in Loznica stritten wir uns.“

Damit sprach er die Wahrheit, der Witzbold Cabrinovic ging seinen Freunden öfters auf die Nerven.

Im ganzen währte ihre Reise fünf bis sechs Tage.

In der kommenden Nummer lesen Sie: Kriminalreferent contra Untersuchungsrichter.

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