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Aus der Geschichte des Kärntner Bergbaus

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Kühn und imponierend schneidet die grandiose Architektur in das unzersiedelte Grün des abgelegenen Mosinzgrabens als beispielhafte Symbiose von historischer und zukunftsträchtiger Baukunst. Das Ergebnis jahrelanger oft heftiger Auseinandersetzungen um diese erste Kärntner Landesausstellung (die beiden bisherigen Großveranstaltungen in Straßburg und St. Paul hatte die Diözese zustande gebracht) kann nur als Volltreffer bezeichnet werden.

Denn das architektonische Glanzstück des aus Kärnten stammenden Grazer Hochschulprofessors Günther Domenig beherbergt eine gezielt von Friedrich Wilhelm Leitner vom Kärntner Landesmuseum mit Leihgaben aus ganz Osterreich zusammengetragene Schau, die umfassend den Bergbau demonstriert.

Um jede langweilige Aneinanderreihung zu verhindern, hat Günther Domenig interessante Inszenierungen - wie etwa eine schwebende Ge-birgsformation Kärntens aus gefaltetem Metall - eingebracht.

Das Schwebende ist auch für die Architektur typisch. Über den beiden Hochöfen, zinnengeschmückten Industriefestungen aus zwei-, dreihundert Jahren, hat der Architekt als Krönung einen frei schwebenden Stollen aus Stahl und Glas konstruiert, der von jeder Stelle aus aufregende Einblicke in die eindrucksvolle Industrieruine ermöglicht (Furche 18/1995, Dossier „Industriebau”).

Derzeit pulst in der Norischen Region wieder Leben. Seit 1908 das Feuer gelöscht und 1978 der Stollen am Hüttenberger Erzberg geschlossen wurde, wurde es langsam immer stiller, immer ärmer in Hüttenberg. Von der Landesausstellung erwartet man sich nun neues Leben für die auch landschaftlich wunderschöne Nori-sche Region (derzeit 800 neue Arbeitsplätze), auch durch die Nachnutzung für Symposien und als internationales Ausbildungszentrum für Architektur.

Denn seit zweitausend Jahren war

der Region der Dornröschenschlaf eher fremd. Nicht zufällig siedelten die Römer in Virunum, das keltische „ferrum Noricum” war es, das sie mitten ins Gebirge zog. Und auch nach dem Untergang des Römischen Reiches blieb die Region durch ihre immensen Bodenschätze lebendig: Hier gibt es den drittgrößten und dichtesten Mineralienfundort der Welt, dessen Schätze von vielen Generationen verschiedenster Stämme ausgebeutet wurden.

Das garantiert eine Fülle von Aus-

Stellungsmaterial, vom eiszeitlichen Mammutzahn bis zur Bessemerbirne, mit der man in Hüttenberg seit dem späten 19. Jahrhundert den qualitätsvollsten Stahl Europas erzeugen konnte.

Und dieses Großobjekt aus dem Wiener Technischen Museum empfängt auch den Besucher gleich an der Eingangstür der über vier Geschosse intelligent verteilten Ausstellung. Auch der letzte erzgefüllte „Grubenhunt” steht als Namensgeber für die Landesausstellung empfangsbereit,

während die Schlacke, die „Ofensau”, im Freien deponiert wurde. Der Untertitel „Vom Reichtum der Erde” wird durch die anschließende Präsentation von Mineralien, deren ungeahnte Fülle in funkelnden Edelsteindrusen gipfelt, und von wertvollen Erzen, deren Vorkommen den Laien das Staunen lehrt, sinnvoll verdeutlicht.

Nicht nur die Vielfalt der geförderten Erze und Gesteine aus dem Herzen des Berges wird dem Besucher nahegebracht, sondern auch das Leben der Bergleute bei der Arbeit oder bei den Festen. Der feierliche Beiftanz in schwarzer Festtagsuniform ist berühmt geworden: Knappen bedanken sich zu Pfingsten im Sonnenschein für ein weiteres Jahr Uberleben im dunklen gefahrvollen Schoß der Erde. Der Brauch hat auch nach der Schließung des Bergwerks fortbestanden.

Daß die Bergleute lange Zeit hindurch in Naturalien bezahlt wurden -nicht nur in Lebensmitteln - und wie die Knappenfamilien mit so bescheidenen Zuteilungen überhaupt auskommen konnten, überrascht den konsumverwöhnten Besucher von heute.

Die bei soviel gläserner Helligkeit fast düster und bedrohlich wirkende Inszenierung vieler Tonnen schwerer Maschinen macht die Schwere der Arbeit, aber auch die Entlastung der Knappen mit dem Fortschreiten der Technik sichtbar und findet im symbolisierten Grubenpferd ein Gegenstück.

In all der Schwere des Daseins ließ sich aber das Bedürfnis des Menschen nach Höherem nicht unterdrücken: Sobald er den Werkstoff dafür besaß, begann er schlicht-magische Votivga-ben, später kunstvolle Gebrauchsgegenstände zu formen. Und aus dem Gold so eindrucksvolle Symbole wie das Stehkreuz des berühmten Kärntner Goldschmieds Sepp Schmölzer. Dieses Streben nach Höherem suggeriert ja auch Domenigs Architektur mit dem schwebenden Stollen aus Stahl und Glas, der den Blick auf die Vergangenheit freigibt, und hoffentlich auch auf eine gute Zukunft.

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