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AUSVERKAUF?
Eisenstadt, die Landeshauptstadt des Burgenlandes, beherbergt eine weit über das Land bekannte Privatkunstsammlung des ehemaligen Weingroßhändlers Sandor Wolf.
Seit dem Jahre 1900 hat d,ieser mit viel yebe„ Mühe und Geld Kunstwerte erworben, die heute vielfach Unikate des Landes darstellen. Dieses Grenzland, das so viele Stürme im Laufe der Jahrhunderte mit ihren schmerzlichen Verlusten an Kunstwerten mitgemacht hat, ein Land, das erst vor 40 Jahren ohne eine namhafte Stadt, ohne ein Kulturzentrum an unser Vaterland angeschlossen wurde, hat auch in letzter Zeit seine Kunstwerte entweder durch die Kriegseinwirkungen oder vor dem Anschluß an die großen Sammlungen in Oedenburg und Budapest verloren.
Es ist das Verdienst des Eisenstädters Sandor Wolf, daß er eben diese wertvolle, aus etwa 26.000 Gegenständen, wie Skulpturen, Holzarbeiten, Uhren, Musikinstrumenten, Gemälden, Einrichtungsgegenständen, kirchlichen Geräten, jüdischen Kultgeräten, Keramiken, Textilien und Bücherbeständen, bestehende Sammlung dem Lande erhalten hat.
Wohl wurde 1938 der Besitzer enteignet. Er konnte die Rückgabe dieser in etwa 20 Schauräumen untergebrachten Sammlung nicht mehr erleben, da er vor einigen Jahren in Haifa gestorben ist. Die fast vollständige Sammlung konnte aber über die Jahre 1938 und 1945, besonders durch die Bemühungen der burgen-ländischen Landesregierung, die bis zum heutigen. Tage die Sammlung treuhändig verwaltet* herübergerettet werden.
Die Sammlung enthält unter anderem auch eine große Menge archäologischer Funde aus dem Burgenland, eine bedeutende Sammlung von Erinnerungsstücken an H a y d n, H y r 11, Fanny E 1 ß 1 e r usw. Die Sammlung hat die Schwester des Gründers und Besitzers, Frieda Löwy, geerbt, die derzeit in Haifa lebt.
Es ist verständlich, wenn die burgenländische Landesregierung, das Land selbst und darüber hinaus viele Freunde der Sammlung, deren bedeutendste Gegenstände in der Oesterreichischen Kunsttopographie, Band XXIV und XXVI, verzeichnet sind. Interesse an dem Schicksal der Sammlung haben.
Wie man nun erfährt, soll die Sammlung bereits an einen ausländischen Kunsthändler verkauft worden sein, das heißt die einmaligen Kulturwerte sollen nicht nur aus dem Burgenland, sondern eventuell ganz aus Oesterreich verschwinden. Zwar besteht noch die Möglichkeit, daß mit Zustimmung des ausländischen Händlers kleinere Gruppen der Sammlung durch
die bürgenländische Landesregierung angekauft werden können, das Schicksal der größeren Werte aber ist jedoch fraglich geworden. Man weiß zwar, daß die Besitzerin durchaus die Ansicht vertritt, die Sammlung, die ihr Bruder mit soviel Verständnis angelegt hat, solle Oesterreich erhalten bleiben. Es hat sich aber' zufolge erschwerter Verhandlungen eine Situation ergeben, aus der vermutlich der Händler als Käufer hervorgegangen ist, obwohl die österreichische Regierung denselben Kaufpreis (1,8 0 0.0 0 0 S) geboten hat.
Es fragt sich nun: Wie wird sich das Schicksal dieser für das Land wertvollen Sammlung endgültig entscheiden? Wird es möglich sein, durch Einspruch des Bundesdenkmal a m t e s, des Unterrichtsministeriums den ausländischen Händler zu bewegen, von dem Kauf zugunsten des Landes zurückzutreten? Oder wird man zusehen müssen, wie die Sammlung schutzlos preisgegeben wird? Das kann keinesfalls für das Burgenland gleichgültig sein! Aber auch die gesamtösterreichische Oeffent-lichkeit hat ein Interesse an ihrer Rettung.
Es entzieht sich unserer Beurteilung, welche
Möglichkeiten noch bestehen, die Sammlung zu erhalten. Wir sind aber fest davon überzeugt, daß alles getan werden muß, um — wieder einmal — einen kulturellen Ausverkauf zu verhindern.
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