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Fortner, Heiller, Novitäten

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Im Philharmonischen Konzert dirigierte Wolfgang Fortner die Zwischenspiele aus seiner lyrischen Tragödie „Bluthochzeit“ sowie als Erstaufführung in den Philharmonischen Konzerten sein „Triplum“, ein Konzert für Orchester mit drei obligaten Klavieren. (Solisten: Alfons, Aloys und Bernhard Kontarsky.) Fortner erwies sich nicht nur als der authentische, sondern auch als eleganter Interpret seiner eigenen Werke. Das Problem war weniger Fortners Musik, die ihren eigenen Stil und ihr eigenes Profil hat — der Komponist gehört zu den starken Persönlichkeiten der Moderne — als die Begegnung dieser Musik mit dem vielfach konservativen Publikum der „Philharmonischen“. Es löste sich von selbst durch die souveräne Disziplin dieses Publikums, das diese Musik, auch wo es (wie aus Pausengesprächen deutlich wurde) mit ihr nichts anzufangen wußte, achtungsvoll hinnahm und die paar Pfuirufer gelassen durch Achtungsapplaus übertönte. Daß die Jugend besonders von dieser Musik angesprochen wurde, bewies sie in mehreren begeisterten Hervorrufen des Komponisten. Nach der Pause zeigte sich Fortner durch eine sehr dezidierte und warme, fast impulsive Interpretation von Schuberts 5. Symphonie der Tradition verbunden. Hier wurde er auch menschlich verstanden und gefeiert.

Im Zyklus „österreichisches Musikschaffen der Gegenwart“ spielte das Tonkünstlerorchester unter Kurt Wöss die „Ballade für Orchester, op. 21“ von Hans Erich Apostel und damit gleich zu Beginn das unbestritten bedeutendste Werk des Abends. Der Komponist, letzter Testamentsvollstrecker der Wiener Schule, Schüler Schönbergs, Freund Alban Bergs, vertritt in besonderer Absolutheit die Reihen- . techrük als Ordnungsprinzip. Die „Ballade“ entstand 1955, nach einer Klavierfassung aus dem Jahre 1952. Die Konsequenz seines Kompositionsprinzips, manchmal d=sm Hörer nicht sogleich klar, überzeugt schließlich auch den Fernstehenden. Das „Concertino für Klavier und Orchester, op. 53“ von Heinrich Gattermeyer bietet motorisches Musizieren und offenbart den Praktiker und gleicherweise den Pädagogen. Immer klare Diktion, auch bei komplizierteren Verwicklungen, machen das Werk leicht erhörbar und engagieren den Zuhörer durch die Verve des Vorgangs, der Dr. Hans Weber am Klavier besonderen Schwung verlieh. — Karl Franz Müllers „Sinf onia breve“ bleibt der Tradition verhaftet, weiß aber auch seiner Musizierart, wenn auch weniger spannende als klangschöne Reize zu entlocken. — Norbert Sprongts III. Symphonie, op. 133, bewegt sich ebenfalls in traditionellen Entfaltungen. Anton Heiller spielte an seinem Orgelabend im Mozartsaal J. S. Bachs „Achtzehn Choräle von verschiedener Art“. (BWV 651—668). Diese Sammlung, zu Bachs Lebenszeit nicht veröffentlicht, enthält Choralvorspiele aus verschiedenen Perioden seines Schaffens in gemeinsamer Redaktion und Überarbeitung aus der Zeit von 1744 bis 1748, ist demnach eine innere Einheit. Der Abend war ein fast intimes Erlebnis in dem Gedanken, daß hier ein Komponist der großen Formen den der größten Formen in seinen kleinen Choralvorspielen interpretierte. Und die kleinen Choräle zeigten sich von einer Tiefe und Rundheit, die den Bogen immer weiter spannte in die Größe des genialen Schaffens auch im Mikrokosmos. Heiller hat zu Bach ein besonderes Verhältnis im Objektiven wie im Subjektiven. Ohne den Cantus firmus besonders abzuheben, wächst er doch aus dem Spiel der Stimmen glückhaft vor uns auf. immer in der tönenden Umgebung seiner textlichen Bedeutung, die sich, wenn auch vielfach nicht mehr überliefert, in Phrasierung, Registrierung und Farbe nachzeichnet. Ein Abend für Kenner und Liebhaber, aber auch für alle, die offenen Herzens sind.

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