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Jeunesse-Chor jubiliert

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Zu einem Festkonzert im Großen Musikvereinssaal lud der Wiener Jeunesse-Chor, der seit seinem ersten Konzert am 15. März 1959 über lOOmal auf dem Podium gestanden hat, und zwar nicht nur in Wien, sondern auch bei zahlreichen ausländischen Festivals. — Günther Theuring, der das Jubiläumskonzert dirigierte, ist sein Gründer, Betreuer und ständiger Leiter. Er hat auch die „Linie“ fixiert und den Aufgabenkreis des Ensembles abgesteckt: Pflege der vorklassischen sowie der neuen und neuesten Musik; also keine Konkurrenzierung der bestehenden Wiener Chöre, sondern Ergänzung ihres Programms.

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Zu einem Festkonzert im Großen Musikvereinssaal lud der Wiener Jeunesse-Chor, der seit seinem ersten Konzert am 15. März 1959 über lOOmal auf dem Podium gestanden hat, und zwar nicht nur in Wien, sondern auch bei zahlreichen ausländischen Festivals. — Günther Theuring, der das Jubiläumskonzert dirigierte, ist sein Gründer, Betreuer und ständiger Leiter. Er hat auch die „Linie“ fixiert und den Aufgabenkreis des Ensembles abgesteckt: Pflege der vorklassischen sowie der neuen und neuesten Musik; also keine Konkurrenzierung der bestehenden Wiener Chöre, sondern Ergänzung ihres Programms.

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Der erzieherische Wert einer solchen Ensemblearbeit kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, wenn man bedenkt, daß der Chor 140 ständige Mitglieder hat — wir schätzen: zwischen 20 und 30 Jahren — und daß über 500 junge Sänger innerhalb der letzten 10 Jahre durch diese Schule gegangen sind.

Repräsentativ für das Repertoire des Chores war auch das Festkonzert am vergangenen Freitagabend. Im Mittelpunkt stand Josquin des Pres „Magnificat“ in der Bearbeitung Bruno Madernas, der den Chorsatz unangetastet ließ, das Orchester aber (es spielte das Kammerorchester der Akademie für Musik) mit 2 Harfen, Mandolinen, Gitarren, Röhrenglocken und Vibraphon einfärbte (das Vibraphon hätte er vielleicht doch lieber weglassen sollen, aber ohne diesem geht es heute anscheinend nicht). — Mit Spannung erwartete man Pendereckis Vier Psalmen Davids mit Begleitung von 4 Kontrabässen, Harfe, Klavier und Xylophon. Im Programmheft konnte man zu dem aus dem Jahr 1958 stammenden Werk, das insgesamt 12 Minuten dauerte, eine 3 Seiten lange Einführung lesen. Aber dadurch wurde der Eindruck auch nicht stärker, selbst wenn man erfährt und hört, daß der Komponist in zwei Psalmen versucht hat, Gregorianik und Zwölftontechnik miteinander zu verbinden und daß die Sätze I und III mehr syllabisch deklamiert sind.

Woher Penderecki diesen letzteren Einfall hat, hörten wir anschließend in „Les Noces“ von Stra-winsky aus den Jahren 1914—1917. Diesem Meisterwerk kamen die jungen Stimmen des Chores und die der Solisten Arzont, Mason, Seitter, Lackner und Handlos ebenso zugute wie die straffe Leitung durch Günther Theuring und das exakte Spiel von 4 Pianisten und 7 Schlagwerkern. *

Air Abend vorher spielte das Ensemble Kontrapunkte im Mozart-scial vier neue Werke. Das „Pentagramm“ von Ernst Kfenek (Jahrgang 1900) für fünf Bläser hat trotz seines Namens nur vier Sätze. 1957 beendet, klingt dieses 10-Minuten-Stück eniger spröd und abstrakt als manches von Krenek aus der Zeit danach. Die vier rhythmisch prägnanten Sätzchen geben sich fast gefällig, doch sind die im Programm signalisierten „starken Elemente der alpenländischen Folklore“ nur unbedeutende Floskeln, die nicht jeder Hörer eruieren wird. Andre Jolivet, 1905 in Paris geboren, gehört zur Gruppe der „Jeune France“ um Messiiaen und Lesur. Während Messiaens Inspirationsquelle die katholische Mystik ist, begibt sich Jolivet gern zu den „Müttern“, speziell zu denen, die im Urwald hausen. Die viersätzige Suite en concert für Flöte und Schlagwerk zeigt schon durch ihre Satzbezeichnungen (fremissant und ve-loce) die Herkunft aus dem Expressionismus. Der wandlungsfähige Klang der Flöte, die Frank Martin einmal als „un instrument exquis“ bezeichnet hat, wird virtuos und faszinierend eingesetzt, während der von vier Spielern bediente Schlagwerkapparat den Background bildet. Effektvoll kontrastieren die „Quatre Etudes Choregraphiques des Spaniers Maurice Ohana (Jahrgang 1915). Was der Komponist anstrebte, nämlich die Befreiung vom diatonischen Rahmen, der, seinem Empfinden nach, „nicht mehr dazu geeignet ist, das zeitgenössische Empfinden auszudrücken“, hat er ohne Zweifel erreicht. Aber Geräusche allein ermüden rasch, besonders wenn sie mit dem Anspruch auf Musik vorgeführt werden. Doch halt, der Titel heißt ja „Tanzübungen“ — und dafür mag es allenfalls reichen.

Aus dem Jahr 1924 stammt Leos Janäceks vierteilige Suite für sechs Bläser „Mlödi“, mit deren Uraufführung man den 70. Geburtstag des Komponisten gefeiert hat. Daß diese Stücke monothematisch und polyrhythmisch sind, sich der auis Janäceks Opern bekannten Wiederholungstechnik bedienen und Rondo-Form haben, registriert man nur am Rande. Vor allem aber freut man sich an dieser aus den frischen und klaren Quellen der mährischen Folklore gespeisten Musik. Und nicht zuletzt an ihrer klangschönen und präzisen Wiedergabe durch das Ensemble Kontrapunkte unter der Leitung von Peter Keuschnig.

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