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Lächeln in Wiener Ausstellungen

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Die zeitgenössische Kunst zeigt sich in den Ausstellungen dieser Tage von ihrer liebenswürdigsten Seite: der heiteren nämlich. In der Galerie Würthie weisen Paul Flora und Gerhard S w o b o d a Zeichnungen und Aquarelle vor, wobei Flora natürlich den Vogel 4hschießt; seine Zeichenwelt, in der allerlei ¡Fabelwesen — vor langer Zeit unter Morgenstern - Licht auf entfernten Kleefeldern gewachsen, aber längst selbständig geworden — kindliche und absurde Spiele treiben, diese Welt ist dichter und größer geworden. Künstlerisch läßt Flora die meisten der viel bekannteren lebenden Zeichenhumoristen der Gegenwart — Dubout oder Effel zum Beispiel — weit hinter sich und an Einfällen steht er hinter dem ebenfalls viel berühmteren Steinberg nicht zurück; gäbe es in Österreich die großen satirischen Zeitschriften, die es früher gegeben hat und die andernorts immer noch erscheinen — Paul Flora wäre in zwei oder drei Jahren ein weltbekannter Humorist (und das meinen wir in vollem Ernst). Man versäume nicht, in der Galerie Würthle (Weihburggasse 10) eine vergnügte Stunde zuzubringen. — Gerhard Swoboda, der zweite im Bunde, ist ein Künstler, der ehr rasch und intelligent auffaßt und Eindrücke oft disparatester Art noch rascher verarbeitet — was man angesichts unserer im allgemeinen überbedächtigen, die eigenen Blätter mit Zweifel und, oft genug, auch mit Ängstlichkeit betrachtenden Künstler nur als Vorzug Werten kann. Swoboda schafft also schnell uhd offenbar auch leicht — dabei geht manches daneben, dabei gelingen ihm aber auch Treffer mitten ins Schwarze — wie zum Beispiel die „Nächtliche Astrologentagung“, die formal und thematisch in ihrer Art vollendet ist. Dieser Künstler ist im Laufe von zwei Jahren erstaunlich weit vorgeschritten: außer ihm selbst, freut’s den Kritiker am meisten.

In den Foyers des Konzerthauses hängen etwa dreißig Bilder Hilde Polsterers, die — in allzu großer Bescheidenheit — bisher in Wien noch keine Kollektive gezeigt hat. Die Malerei Polsterers ist in jeder Hinsicht französisch: durchaus ge schmackvoll, delikat und von jener angenehmen Leichtigkeit, der man nicht anmerkt, daß ernsthafte Anstrengungen hinter ihr stecken. Zu vermerken sind einige reizende Bildeinfälle wie die „Lehrmittel". In der Tat: die Moderne kommt bisweilen auch ohne Problematik aus.

Umgeben von Vitrinen mit kostbarsten Porzellan- und Metallservicen steht im Säulensaal des Kunstgewerbemuseums eine Hofgalatafel für vierundzwanzig Personen, gedeckt mit dem umfangreichsten Prunkservice des Kaiserhofes — einem vergoldeten Silbergeschirr, das zu Repräsentationszwecken bei Besuchen ausländischer Monarchen und zum jährlichen

Neujahrsempfang für Mitglieder der kaiserlichen Familie gedient hat. — Diese Ausstellung hat eine kleine Vorgeschichte, die erzählt zu werden verdient; Zu den Beamten des Kunstgewerbemuseums gehört nämlich ein ehemaliger Hofbeamter — Grabmayr sein Name — dem seinerzeit die Aufgabe zugeteilt war, mit anderen die kaiserliche Tafel zu decken — ein Amt, daß er auch zu Zeiten der ersten und zweiten österreichischen Republik bei großen Staatsempfängen versah. Nun geht er in Pension — und die Tafel im Säulenhof des Museums gilt ihm und der Museumsdirektion gleichsam als Krönung und Abschluß eines Lebenswerkes, das auch nicht gering zu schätzen ist.

Im allgemeinen freilich können wir die Bemerkung nicht unterdrücken, daß es schön wäre, im, Kunstgewerbemuseum wieder einmal eine Exposition zu sehen, die dem österreichischen Kunstgewerbe unserer Zeit gewidmet ist.

Der Art-Club, der eben mit der Ausstellung Moldovans einen schönen Erfolg errungen hat, gönnt sich eine Ruhepause — als solche nämlich dürfte wohl die Gemeinschaftsexposition von fünf jungen Grazer Malern (Pointner, Rogier, Decleva, Derleth und Tasch) zu werten sein.

Alle fünf sind, auf diese oder jene Weise, Vertreter abstrakter Richtungen: bei Pointner wird man vermutlich annehmen dürfen, daß ihm die Abstraktion ein ebenso vorübergehendes Entwicklungsstadium bedeutet, wie es ihm der Surrealismus oder, später, eine Art exotischer Folklore, gewesen sind. Gewisse Qualitäten — Derbheit und Ungezwungenheit — sind seinen Kompositionen auch diesmal nicht abzusprechen; einige Keramiken überzeugen von seinem Können freilich eindringlicher. Franz Rogiers „Brücke ist recht eindrucksvoll, aber ein Mäholy-Nagy hat in den zwanziger Jahren denselben Effekt mit sparsameren Mitteln zu erzielen gewußt; von Miro hat sich Derleth in seinen farbig angenehmen Aquarellen beeinflussen lassen, T a s c h s und D e c 1 e v a s Kompositionen haben immerhin dekorative Reize.

Man hat schon Wichtigeres aus Graz gesehen.

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