6639111-1957_33_11.jpg
Digital In Arbeit

Nationale Kunst

Werbung
Werbung
Werbung

Im Gegensatz zu den Festspielen des vergangenen Sommers zeigte das diesjährige Laibacher Festival eine klare Besinnung auf das Arteigene. Damit besetzt das slowenische Festival einen ganz bestimmten Ort auf der Landkarte der europäischen Festspiele. Verschiedene Ungeschicklichkeiten wird es als Kinderkrankheiten nach und nach bestimmt ablegen, aber der Grundstein für das Persönliche wurde gelegt. Dieses Persönliche drückt sich auf der Opernbühne, im Tänzerischen und Folkloristischen besonders und im Konzertmäßigen aus. Am Unpersönlichsten bislang auf der Opernbühne. Man bot in diesem Sommer auf der wesentlichsten Festspielbühne, dem 1300 Personen fassenden Freilichttheater des Križanke, der als innerster Festspielkomplex der Stadt mit Recht anzusehen ist, drei Opern. Zuerst, als’ Gastspiel der Zagreber Nationaloper, Borodins’ bei uns selteif geSpiefterf kühnen ’ Wurf Fürst Igor”. Die im Vorjahr wiederholt gebotene „Verkaufte Braut” bot ebenfalls gute gesangliche Leistungen. Eine tendenzbewußte Volksoper von Bravnicar war die dritte Operndarbietung.

Das Tänzerische ergab festliche Repräsentationen. Hier hatten die Agramer, geleitet von ihrem trefflichen Choreographen Octavio Cintolesi, vor allem mit dem abstrakten „Ballett Concerto” nach der viersätzigen Symphonie „Concerti delle stagione” von Vivaldi einen neuen Beitrag zum Festival erbracht. Auch Strawinskys „Petruschka” wurde, zwar nicht außergewöhnlich, aber überdurchschnittlich interpretiert. Die Laibacher, die schon im vergangenen Sommer ihre Stärke im Ballett erwiesen hatten, hielten sich, von Mile Jovanovic, Pino und Pia Mlakar geführt, musikalisch von dem versierten Laibacher Symphonieorchester unter Danilo Svaras umsichtiger Leitung gestützt, an Tradition und Folklore. Zum einen gab es Tschaikowskys „Schwanense e”, ferner die ganz auf Volkstradition, Thematik und Weisen basierende „Legende von Ochrid”.

Als erstklassig und zukunftsfroh in seiner Begeisterung am Gebotenen stellte sich das slowenische Volkstanz- und Si’ngensemble „France M a r o 11” vor, eine Studentengruppe, die Festspielreife besitzt. In den phantasieüberreichen Trachten des Landes gaben diese gut aussehenden jungen Menschen, was ‘das Herz erfreut. Selbstverständlich sind ihnen die international bekannten „Kolo”-Leute aus Belgrad überlegen. Doch deren virtuoser Schliff, die Stilisierung ihrer einzelnen Darbietungen besitzt nicht mehr das Urtümliche der Slowenen. Selbstverständlich erschien uns das serbische Ensemble in seinem Anliegen wieder unübertrefflich. Auf beachtlichem Niveau steht das Orchester der slowenischen Philharmonie. Dieser Tatsache wußte sich Lovro von Mati Či Č überlegen zu bedienen. Er wagte Bruckners Vierte und brachte diese in klarster Schönheit und großbogiger Dynamik zum Klingen. Ein zweites Symphoniekonzert unter Lescoviö hatte moderne Slowenen auf dem Programm. Ihr exaktes Spiel in extrem moderner Kammermusik, aber auch in dem blühenden Klari- nettentrio (Opus 114) von Brahms, erwiesen die „Ars - Nov a”-Leute aus Triest.

Bewußt und daher begrüßenswert stellen die Veranstalter in Laibach Ereignisse der bildenden Kunst neben solche der anderen Künste. Da gibt es, und zwar bis in den September reichend, im Künstlerhaus die zweite internationale Biennale internationaler Graphik mit einer schier unglaublichen Fülle an Beispielen aus der ganzen Welt, wobei es sich, die östlichen Staaten betreffend, interessanterweise herausstellt, daß der Beitrag von Ungarn, Bulgarien, Rumänien Niveau „Haus der Deutschen Kunst” besitzt, daß Polen und Jugoslawien aber mit dem sonstigen europäischen und außereuropäischen Kunstgeschehen sehr wohl Schritt zu halten vermögen. Ein vorbildlich gestalteter Katalog ist dieser Exposition wie der uns Oesterreicher im besonderen angehenden Ausstellung der Slowenischen Nationalgalerie beigegeben. Diese bringt nämlich zum ersten Male alle jene Gemälde und Skizzen, die Oesterreichs bedeutendster Spätbarock- maler, Martin Johann Kremser Schmidt, in Slowenien für dortige Kirchen und private Auftraggeber geschaffen hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung