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Belletristik

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In einer Zeit, die uns gelehrt hat, in welche Abgründe Haß, Neid, Herrschsucht und schrankenloser Egoismus führen können, ein Buch det, warmen verstehenden Gefühls von Mensch zu Mensch, in der doktrinären Leidenschaftlichkeit unseres Jahrhunderts ein zartes Band-vom Ich zum Du, in der moralischen Wüste eines verglimmenden Weltbundes, ein Wegweiser in eine bessere Zukunft, das ist Ferdinand Kögls „Die fröhliche Freundlichkeit“ (Verlag F. Speidel, Wien). In kleinen, gedanklich und sprachlich eindrucksvoll geformten Skizzen sucht der Dichter Wege aufzuzeigen, die die Menschen trotz ihrer vielen kleinen Schwächen einander näher bringen sollen. „Die fröhliche Freundlichkeit“ möge ein Anfang all jener literarischen Arbeiten sein, in denen Dichter und Schriftsteller unseres Landes zeigen, daß sie sich der hohen Verantwortung vor unserer Zeit bewußt sind.

Vom gleichen Autor erschien der Roman „Die Silberflöte“ (Verlag L. Luck-mann, Wien). Das Buch birgt tiefere Problematik, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Ferdinand Kögl schenkt uns mit der „Silberflöte“ nicht nur eine reizvolle biographische Darstellung aus seinem vergangenen Musikerleben, er schildert uns auch Charaktere, die in ihrer feinen psychologischen Skizzierung eine Gesamtschau über die verschiedenen Einstellungen des modernen Menschen zum Rätsel Leben ermöglichen. Die haltlose Lebenslust derer, die nicht denken wollen, ist für das Seelenbild des modernen Menschen ebenso bezeichnend, wie der Lebenspessimismus und -fatalismus jener, die zwar denken, aber nicht bis zur letzten Konsequenz. Wenn den Leser manchmal eine gewisse Leere

stört, so liegt das wohl weniger an der Darstellung als am Thema.

Das Postulat an den Dichter unserer Tage, das wir bei dem zuerst besprochenen Buch als erfüllt ansehen konnten, Vollen wir bei der dritten Neuerscheinung, Bertold Bassas „Die Abtrünnige“ (Verlag F. Speidel, Wien) lieber nicht als Maßstab # unserer Beurteilung verwerten. Es liegt keineswegs ein literarisches Dokument vor, dieses ■ Produkt eines mißglückten Telegrammstils hat höchstens in einem billigen Romanheft seine Existenzberechtigung. Der Form dieser Arbeit kann man nichts, dem Inhalt nur wenig abgewinnen.-

Bei der zu erwartenden Flut belletristischer Neuerscheinungen wird es notwendig sein, sorgfältig den Weizen vom Spreu zu scheiden und nicht das Neue nur um des Neuen willen gutzuheißen und vergebens nach vergrabenen Schätzen zu suchen, die nie vorhanden sind Zum wahren Können wollen wir uns aber vorbehaltlos bekennen.

Peter C. Gernot

„Der Fluß.“ Erzählung von Alexander J a c k i e-w i c z. Amandus-Edition, Wien 1945 Eine unheimliche Atmosphäre umgibt diese Erzählung vom Verhängnis, in ,das der Kassier Wahla durch einen Fehltritt gerät, den er teils aus Schwäche, teils aber aus einer geradezu dämonisch anmutenden Getriebenheit und seelischer Verstrickung begeht, um schließlich innerlich zu zerbrechen. Die Tragödie eines „Sicheren“, der sich in der entscheidenden Stunde als ein armer labiler Mensch erweist, der das Halb-dämmer, in das ihn seine Tat geführt, nicht aushält. Der Fluß aber wird zum Symbol des Friedens und der Landschaft, die sonst unsichtbar bleibt - in dieser Erzählung, die den etwas gehetzten Rhythmus zeigt, der uns sooft im polnischen Schrifttum begegnet. Und Jackiewicz' Kunst trägt typisch polnische Züge. Es ist zu begrüßen, daß uns der Verlag mit diesem Werk

moderner polnischer Novellistik bekannt gemacht hat.

An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen daß der Verlag Sienkiewicz' unvergängliches „Quo vadis“ in einer gefälligen Ausgabe herausgebracht hat.

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