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„Die Kunst der Fuge“ — Ensembles und Solisten

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Der neueste Versuch, J. S. Bachs „Kunst der Fuge" ausführend gerecht zii werden, diesmal auf vier Orgelpositiven, scheint uns trotz des überraschend guten ersten Eindrucks im Grunde nicht besser gelungen als die verschiedenen vorh.ergegangenen. Von der Schwierigkeit des einwandfreien Zusammenspiels auf vier Instrumenten (das denn auch nicht immer klappte) abgesehen, steht der Hauptvorteil einer solchen Exekution, die kontrastierende Färbung der Stimmen, einigermaßen im Widerspruch zu Bachs Spätstil. Die vier Positive klangen in den Gedacktregistern wesentlich besser als in den Prinzipalen oder gar Mixturen, Ausgeführt wurde das abendfüllende Werk von Hans Andreae (als Spiritus rector der Interpretation), Alois Forer, Hedy und Wolfgang von Karajan.

Das Vorspiel zur Oper „Capriccio“ von Richard Strauß für Streichsextett hörten wir vom erweiterten Musikvereinsquartett in einer dem Kammermusikstil wie dem großen Wurf des Werkes gleich gerecht werdenden, gleichsam „singenden“ Wiedergabe, die sich freilich über Haydns Kaiserquartett zu Beethovens B-dur-Quartett op. 130 immer mehr steigerte und in der großen Fuge op. 133 einen Gipfelpunkt musischer Interpretation erreichte, wenn auch der volle dunkle süße Ton Wolfgang Schneiderhans uns bei diesem Quartett wie ein Verlangen im Ohr liegt, vielleicht, weil Baryllis Ton in seiner silbrigeren, aber dünneren Substanz die anderen Stimmen nicht gleicherweise an sich zu ziehen vermag.

Mit einer technisch außerordentlich gekonnten, in Thematik und Phrasur sehr klaren Wiedergabe von Bachs g-moll-Sonate für Violine allein legitimierte sich Julian Olevsky (New York) ebenso wie mit Béla Bartoke 1. Sonate als Geiger von Format. Bei den kleineren Stücken zeigte er sein Können von der virtuosen Seite, ohne das künstlerische Niveau zu drücken. Die absolute Sauberkeit seiner Leistungen ist seine beste Empfehlung.

Julius Patzak, der musischeste unserer Liedersänger, dessen künstlerisches Profil schon im Programm sichtbar wird, da er niemals ausgetretene Wege geht, hat einige zu Unrecht vergessene Lieder von Brahms und Strauß wieder lebendiggesungen, was ihm bei anderen weniger gelang, denn vieles Vergessene ist mit Recht vergessen. Seine Kunst vermochte allerdings auch dort noch ein Leuchten hinzustreuen, wo es besser an die Werke lebender Komponisten verschenkt würde, was der Erfolg anscheinend früher Lieder von Franz Salmhofer bewies.

Durchaus bekanntes Liedgut beinhaltete der Hugo-Wolf-Abend von Isolde Riehl. Der Vorteil eines solchen Programms ist indes relativ, da es zwar das Mitgehen der Hörerschaft sichert, andererseits jedoch Vergleiche heraufbeschwört, die nicht Immer positiv ausgehen. Isolde Riehls schönes stimmliches Material sowie ihre gute Atemtechnik und vorbildlidre Textaussprache sind nicht zu überhören. Ein gelegentlich zu gemächliches Tempo wirkt im gleichen Sinne mehr zerstreuend als sammelnd. Die einheitlichste Leistung lag in den abschließenden Mignon-Liedern.

Auch der junge Baßbariton John Walsh (USA) sang Wolf-Lieder, allerdings als den schwächsten Teil seines bunten Programms und mit ständigem Vergriff im Tempo, der beispielsweise die ,Fußreise' zum Dauerlauf machte. Weit besser lagen ihm die Spanier und natürlich die Briten, aber auch die „Vier ernsten Gesänge“ von Brahms waren eine erfreulich gute Leistung. Die Stimme ist weich, biegsam und wandlungsfähig im Ausdruck. Ein Unterton von Herz schwingt mit, der da und dort leider in Sentimentalität verflacht. Sein spürbares Vorbild ist George London,

das zu erreichen es aber noch gute Zeit haben dürfte.

Ernestine Perea (Mexiko) sang Volks- und Kunstlieder ihres Landes, davon den ersteren der Vorzug gebührt — nicht nur, weil sie von der Sängerin in mexikanischer Tracht auf der Gitarre begleitet wurden. Der Tanzcharakter bricht zumeist elementar durch. Die gesangliche Leistung war von erfreulich gutem Niveau und der frauliche Charme der Interpretin vermochte einen Hauch mexikanischen Volkslebens über den großen Teich herüberzuzaubern. Der Abend endete in einer Art Familienfest, da die anwesenden Lateinamerikaner gewisse Schlußverse mitsangen.

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