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Die verhängnisvollen „Comic-books'

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Wie noch kürzlich der Fall des vierzehnjährigen Sadisten in Linz, der einen Zehnjährigen teuflisch quälte, so ließ noch stärker der Prozeß gegen D. A., ein dreizehnjähriges Schulmädchen aus Oak-Lawn, USA, das auf Grund ständiger Comic-books-Lektüre ihren siebenjährigen Spielkameraden kaltblütig in einem Bach ertränkte, weil es plötzlich „einen unstillbaren Drang zum Töten“ empfand, die Weltöffentlichkeit endlich auf die Gefährlichkeit dieser „Literatur“ aufmerksam werden. Diese Comic-books schildern in durchschnittlich 60 beschrifteten Zeichnungen den Hergang eines modernen Verbrechens. Vor 1939 wurden in den USA monatlich zirka zehn Millionen dieser Schundhefte verkauft, 1947 war d^ Auflage bereits auf sechzig Millionen gestiegen, wobei jedes Heft mindestens vier Leser erreicht. In den USA lesen 95 Prozent aller Buben und 91 Prozent der Mädchen zwischen sechs und elf Jahren monatlich zirka 15 Comics, von den Zwölf- bis Achtzehnjährigen zirka zwölf Comics. Auf jedes amerikanische Buch der Gesamtproduktion kommen zwei Schundromane dieser Art. Inzwischen sind Südamerika, England und Italien in diese Schmutzwoge einbezogen worden. Man hatte sogar zu beantragen gewagt, den Carepaketen Comics »als geistige Kost für die notleidende Jugend“ beizulegen! Immerhin erschienen 1948 in Westdeutschland vorerst nicht weniger als 30 Fortsetzungsschundromane, von denen 18 eine Auflage über zehn Millionen erreichten, für die in dem einen Jahr 5,4 Millionen DM ausgegeben wurden. (Während im selben Bundesgebiet zum Beispiel der Caritasverband Dortmund nach der Währungsreform seine sämtlichen Kinderheime aus Geldmangel schließen mußte!) In Österreich haben noch in der letzten Zeit einschlägige Verleger offen erklärt, daß sie „früher mit anderen Dingen gehandelt“ und sich neuerdings auf diese Branche verlegt hätten, weil dabei besser und bequemer zu verdienen sei; die rechte „Mischung von Kriminalität und Sex-Appeal“ sei eine sichere Geschäftsgrundlage. Sind wir solchen Profitjägern und Volksverderbern wehrlos ausgeliefert?

Die Widerstandsbewegung

Sie rührt sich allmählich in den europäischen Parlamenten. Der MRP-Abgeordnete Duvel beantragte, daß die Presse über Mord- und Sexualskandale nur noch bis zu 20 Zeilen bringen dürfe. Österreich und Westdeutschland brachten Gesetze gegen Schmutz und Schund heraus. Holland hat die Bestimmungen für die Leihbüchereien verschärft. Spanien und Portugal haben seit längerem strenge Bestimmungen gegen die Giftpresse, England bereitet solche vor. Die Korrespondenz des Volkswartbundes, Köln, berichtet laufend über weitere Versuche dieser Art, das Übel schon im Keim zu ersticken.

Das Verhalten der zuständigen B e-h ö r d e n in der Handhabung bestehender Gesetze, besonders der Jugendschutzbestimmungen, im Kampf gegen den Unfug eines Damenfreistilringens oder gegen niederträchtige Filme zeigt allerdings immer wieder, daß selbst vorhandene Gesetze nicht genügen. Andererseits bleiben fertige Entwürfe, wie zum Beispiel zum Jugendwohlfahrtsgesetz, seit Jahren unerledigt. Die V e r p o 1 i t i-sierung mancher Jugendämter tut ein übriges, um ihre moralpädagogische Wirkung zu beeinträchtigen.

Es wird unserer Seelsorge, der Caritas und der Katholischen Aktion nicht erspart bleiben, gegenüber dem sittlichen Verfall' eine viel stärkere Eigeninitiative zu entfalten. Wir haben dabei als Leitstelle keinen Volkswartbund wie in Deutschland. Der Kreuzbund, der sich dort spürbar in diese Abwehr einreihte, ist bei uns noch schwach. Die in Bayern so erfolgreichen Jugendschutzwochen, die jeweils eine ganze Stadt oder Bezirkshauptmannschaft mobilisierten, könnten bei uns schon eher durchgeführt werden.

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