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Ein Pionier derWiener ärztlichen Schule

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Die Verspottungen der ärztlichen Kunst durch Moliere, die im „Eingebildeten Kranken“ ihren Höhepunkt fanden, waren keine mutwilligen Geißelhiebe, sondern entsprachen vielmehr dem Bedürfnis der breiten Massen, eine rücksichtslose Kritik an der damaligen Medizin auszuüben; doch auch diese vermochte nicht das Wunder zu bewirken, es blieb beim Alten und jeder Mediziner hütete sich wohl, mit den alten Traditionen zu brechen und der erstarrten medizinischen Forschung, die zumal in der Behandlung der Brustkrankheiten hilflos war, neues Leben einzuhauchen. Doch s das Wunder geschah und das Verdienst, hier Wandel geschaffen und eine Bresche in diese starre chinesische Mauer geschlagen zu haben, gebührt einem schlichten österreichischen Arzt, der Ende des 18. Jahrhunderts in Wien lebte und praktizierte, der am 19. November 1722 in Graz geborene Arzt Dr. Leopold Auen-bruggervon Auenbrugg. Sein Name und sein Verdienst sind heute fast vergessen. Er hatte in Wien seine Studien gemacht und war längere Zeit auf verschiedenen Abteilungen des Wiener Allgemeinen Krankenhauses tätig gewesen. Hier, an dieser altehrwürdigen Stätte der Heilwissenschaft, begann er seine Forschungen auf dem Gebiet der Brustkrankheiten. Ihr Ergebnis sollte für die weitere Entwicklung der Medizin so bedeutungsvoll werden. Seine genauen anatomischen Kenntnisse und seine Vertrautheit mit den Gesetzen der Physik brachten ihn auf die richtige Spur. Der menschliche Brustkorb ist in gewissem Maße ein Hohlraum, dessen Luftgehalt nach der Art der umschlossenen Organe ein verschiedener ist. Der Schall, den man durch Beklopfen erzielt, ist ein ganz ungleichartiger, hell, halbhell, leicht gedämpft oder auch ganz dumpf. Diese Schallunterschiede sind bei gesunden Organen ande-re als bei erkrankten, ein Umstand der. diese Untersuchungsart kompliziert gestaltet. Auenbrugger erkannte die Bedeutung des Abklopfens und der Schall-untersdiiede. Die Aufgabe, die er sich stellte, war keine leichte. Fleißig wie eine Biene sammelte er Erfahrungen, überprüfte Gesunde und Kranke, notierte sich genau die Ergebnisse und schließlich verglich er diese mit pathologisdi-anatomischen Befunden. Vom Jahre 1754 bis 1761, volle sieben Jahre lang, arbeitete er an seinem Werke und erst dann trat er in die Öffentlichkeit. Es war kein dickbäuchiges Werk, nur ein schmales, bescheidenes Büchlein, das die Frucht dieser mühsamen Untersuchungen war und das den Titel trug: „Inventum novum ex percussione thoracis humani interni pectoris morbos detegendi“ (Wien 1761).

Die damalige Ärztewelr bereitete demeigen-artigenBüchlein keinen freundlichen Empfang. Die meisten verhielten sich ablehnend, selbst hervorragende Professoren der damaligen Wiener Schule, G. van Swieten und A. de Haen, gehörten dazu und nur Professor M. Stoll, zu dessen Zeiten die sogenannte ältere Wiener Schule ihren Höhepunkt erreichte, erkannte mit scharfem Blick die Bedeutung der neuen diagnostischen Methode, die man ruhig als die bedeutendste Gabe der praktischen Medizin des 18. Jahrhunderts bezeichnen kann. Dieser Widerstand war begreiflich, denn hier drohte das Neue das Alte umzustürzen. Und gerade das 18. Jahrhundert sollte das Zeitalter der systematischen Medizin werden. Das kleine Büchlein Auenbruggers hat manchen Gelehrten angeregt, auf diesem Gebiete weiterzuschreiten. Corvisart, der Leibarzt Napoleons, hat schließlich der neuen Lehre, die durch Nichtbeachtung in Vergessenheit geraten wäre, mit dem ganzen Gewicht seines Namens nach mehreren Jahrzehnten die allgemeine Anerkennung gewonnen. Der große Pariser Forscher Professor Rene Theophile Hyacin-the Laßnnec verdankt mindestens zum 'Teil die Erfindung der Auskultation und des Stethoskops wohl der Entdeckung Auen-bruggers; sein Buch erschien in Paris im Jahre 1819. Aber erst der Wiener Internist

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Wenn einst auf meine Gläser sich die Zeit Als graue Schichte niederschlägt, geweiht Durch Sturm und Regen ein Jahrtausend hin. Ob ich dem Enkel noch ein Name bin?

Vielleicht, daß einer meinen Pinsel ahnt,

Das fremde Schwarzlot und den spätem Brand,

Paß eine alte, dürre Schrift allein

Mich nennt, etwa nur einer Kunde Schein.

Vielleicht, daß alles längst in Trümmer fiel:

Das Haus, die Scheiben; ein verbrauchtes Spiel

Belächelt, nur von Sammlern mehr bedacht

Wie eine fremde, überholte Tracht.

Ob einer dann von unsern Leiden mehr Denn eine Zahl weiß, noch ein Ungefähr Von Namen, Völkern? Ob mein Wort ihn trifft Wie eine abgegilbte Rätselschrift?

Ihr späten Enkel, wer euch fassen kannl Das Tägliche, die Masse, euren Wahnl Steht irgendwo noch ein Ruinendom? Sind wir euch fremder denn Athen und Rom?

Ob ihr die frommen Bilder noch versteht? Vielleicht, daß einer dann in sein Gebet Auch meine arme Seele aufnimmt und Mein Lied bewahrt als seltsam dunklen Fund,

Darin sich träumen läßt. Ob er erschrickt, Wenn ihn mein Auge brüderlich anblickt Und meine Gottgewißheit als ein Lot In seine Seele sinkt und Seelennot?

Bis er auf Ihn trifft, der da ewig war Und ist und sein wird, immer offenbar Durch jene Scheiben, als das wahre Licht. Zu seiner Ehre sang ich dies Gedicht.

Rudorf Henz

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