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Die Herausgabe guter Erzählungen in einem Sammelband wird immer auf Wohlgefallen stoßen. Handelt es sich dabei noch um die Schöpfungen österreichischer Dichter und Schriftsteller, wie beispielsweise Grill-parzer (Der arme Spielmann), Stifter (Brigitta), Saar (Die Steinklopfer) und Anzengruber (Nit gehn tan tat's), so ist die Freude groß; denn ihren Werken wünschte man gerade heute weitere Verbreitung, an ihrem Beispiel gemessen könnte viel leichter die Fragwürdigkeit so mancher literarischer Erzeugnisse unserer Tfcge offenbar werden. So wäre dem* Verlag für die Herausgabe des Bandes „Erzählungen aus Österreich* nur zu danken. Und nichts läge dem Rezensenten ferner, als ihm diesen Dank schuldig zu bleiben, wenn... ja, wenn sich nicht der Verdacht einstellte, daß die Herausgabe der Erzählungen und ihre Auswahl nicht ohne Hintergedanken erfolgte.' Wie freut sich doch der Leser, vor allem der literaturkundigere, wenn er im Anhang biographische Notizen und Saoherklärungen vorfindet. Um wieviel mehr freut sich jedoch der Globus-Verlag, wenn er darin marxistische Propagandawalzen unterbringen kann. Nein, eine solche Gelegenheit läßt man sich nicht entgehen und begeistert sich an jeder „Revolution“ und noch mehr an „dem Verfall der bürgerlichen Kultur im spätkapitalistischen Zeitalter“ (Seite 436).

Die Herausgabe der gesammelten Werke des in Österreich nur wenig bekannten deutschen Schriftstellers Will Vesper hat sich der Kärntner Petrei-Verlag zur Aufgabe gemacht. Der Band „Geschichten von Liebe, Traum und Tod“ enthält die Gesamtausgabe der Novellen des Autors. Ein vielfältiger Stoff ist hier verarbeitet: Historien aus dem Venedig der Renaissance, aus Madrid und Paris, Begebenheiten vom Hof August des Starken, aber auch ernste Geschichten aus der Zeit der Französischen Revolution; nicht zu vergessen jene aus der Gegenwart, der Kriegs- und Nachkriegszeit. Fesseln wollen diese Erzählungen den Leser, ihn unterhalten und manchen davon belehren. Ein gutes Buch für besinnliche Stunden.

Die kurze Erzählung „Der Nächmittag des Herrn Andesmas“ berichtet von dem Warten eines Achtund-siebzigjfihrigen, dem Warten auf seine geliebte Tochter, seinem Warten auf den Tod, der sich in der Dämmerung eines Sommernachmittags ankündigt; von einem kurzen Augenblick, in dem Herrn Andesmas Erkenntnis durchdringt, in dem ihn Klarheit ergreift, in dem ihn dar Tod, der schon Besitz von ihm genommen hat, noch einmal flieht. Die Erzählung ist in klassischer Ruhe gehalten, die Stille, die aus ihr spricht, greift auf den Leser über und läßt die Hast des Alltags vergessen — der Leser ist dankbar dafür.