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Erzherzog Franz Ferdinand

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Lebewohl 2U Deiner letzten Fahrt, Du Großer Du Herrlicher! In tiefem Schweigen liegt das Donautal, in düsterer Nacht bei Fackelschein geht der )Veg über den Nibelungenstrom hinüber durch die nachtrauschenden Wälder, die das alte Schloß mit dunklen Armen umfangen. Die Gruft ist bereitet, das letzte Lager ist bestellt. Bald wird sich das schmale Pförtlein zu dieser Totenheimstatt schließen, und fortan wird in diese Stille nur wie von ferne herein das Glöcklein zur Messe des Priesters oben am Altäre klingen und das Murmeln der Gebete, die in der Kirche zu Häupten der Gruft Andächtige darbringen werden.

Leb wohl, nun ist aus unserer Mitte gegangen auch, was an Dir sterblich war, und unser Schmerz kann nur wie ein Lied der Sehnsucht, dessen Laute an Deinem Schlosse ersterben, aufwärtsziehen.

Du warst unsere Hoffnung, unsere Zuversicht, unser Stolz, unser Beispiel. Dein starker Glaube an Oėsterreich führte unsr; :Du äsHfcteiHIM wie-j der die harmonische Zusammengehörigkeit der Völker dieses Reiches, Du erwecktest in unserer Brust die alten Klänge von Oesterreichs Größe, Mission und Weltbedeutung; Du warst die Zuflucht der Unterdrückten, der Freund der Verlassenen, und Dein Mut, der Dich bis zum Tode beseelte, strahlte auf alle uns Sorgenvolle, Kleine und Schwache zurück. Und welch ein Beispiel gabst Du uns mit Deiner ritterlichen Frömmigkeit, die Deine ganze Welt- und Staatsauffassung mit hohen christlichen Idealen überstrahlte- mit Deinem zarten, süßen Familienglücke, das die Engel einer großen Liebe und einer heiligen Reinheit bewachten.

In unserer Einöde, in unserem grauen Alltag, in dem so vieles so flach und niedrig, unfähig höheren Schwunges der Seele und des Wollens ist, standest Du hoch aufrecht, ein ganz herrlicher Mann, dem keine Aufgabe, die für das Vaterland zu vollbringen war, zu schwer schien.

Und nun sehen wir Dich nicht mehr, Du bist mit der hohen Frau, die die würdige Liebe Deines großen Herzens war und die für Dich und mit Dir den Tod auf sich nahm, von uns gegangen, und unsere Tränen vermischen sich mit jenen der drei Waisen, die Du uns als teures Pfand gelassen hast. Leb wohl, leb wohl; mit versagender Stimme beten wir, daß der Herr Dich und die treue Gefährtin Deines Lebensglückes und Deines Todes ruhen lasse in seligem Frieden.

Es wäre das höchste Glück, das erhabenste Los gewesen, an Stelle dessen sterben und das Blut hingeben zu dürfen, den wir in Artstetten zu Grabe tragen. Gott hat es anders gewollt. Er jiat das .grciß ppfef von .unserem VäYe lände’ ‘verlangt,’’.vielleicht,’ ‘dkmit ės. einmal sehend werde und die unmittelbaren Gefahren erkenne, an die bisher viele nicht glauben konnten. Und um so größer sind nach diesem Opfer unsere Pflichten. Und wenn uns auch die Augen noch naß sind vom Schmerze, so wollen wir in dieser Stunde schon einen festen Entschluß fassen, den wir wie ein Gelöbnis dem Toten in die Gruft mitgeben: Wir wollen arbeiten mit ganzen Kräften für die Größe und Ehre unseres christlichen Vaterlandes, wir wollen alles, was wir sind und haben, dem Dienst jener Ideale widmen, die unsere Toten von Artstetten geleitet haben. Und diese Märtyrer ihrer Pflicht werden uns von oben segnen und aus ihrem Blute wird unser Vaterland in schwerer Zeit neue Stärke empfangen. So lenke und walte es der alte Gott!

„REICHSPOST”, 3. Juli 1914

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