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IM STREIFLICHT

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MIT der Ernennung des neuen Operndirektors wurde ein achtjähriges Provisorium beende dem in den Annalen der Wiener Staatsoper »in ehrenvoller Platz gebührt. Der neue Mann, Dr. Karl Böhm, hat bereits kurze Zeit während des Krieges das große Hau» am Ring geleitet, mit dessen Tradition er wohlvertraut ist. Der gebürtige Grazer, der heuer 60 Jahre alt wird, hat in München, Darmstadt und Hamburg reiche Erfahrungen sammeln können und als Leiter der Dresdner Oper Hervorragende» geleistet. Al» Entdecker und Erzieher berühmter Sänger, anerkannter Meisterinterpret der Opernwerke von Mozart und Richard Strauß (der ihm die Partitur seiner „Daphne" widmete und ihn zu seinem Nachlaßwalter ernannte) und Dirigent zahlreicher Erstaufführungen von neuen Werken, erscheint Dr. Karl Böhm unter den Dirigenten, die zur Wahl »tanden, als der geeignetste, diesen höchsten Posten im Wiener Musikleben einzunehmen. Man kann nur wünschen, daß für die Leitung des Burgtheaters eine ähnliche glückliche Lösung gefunden werde.

AM 1. Februar wäre Hugo von H o f- mannsthal 80 Jahre geworden, und im Sommer wird man des 25. Todestage» des Dichters gedenken. Aber wo — und wie? Das Salzburger Landestheater bereitet eine Aufführung von „Christinas Heimreise" vor, und in Linz »oll die wenig bekannte Komödie „Der Unbestechliche" gespielt werden. Deutsche Bühnen kündigen neben dem „Jedermann", dem „Großen Welttheater“ und dem „Schwierigen" auch selten gespielte Stücke wie „Der Abenteurer und die Sängerin" an. Und das Wiener Burgtheater? Den „Jedermann". Das ist, höflich gesagt, nicht mehr als eine Verlegenheitsgeste. Und das scheint uns in diesem Fall zuwenig.

DAS Burgtheater hat offiziell zu den kritischen Kommentaren, die dem Ausscheiden de» jungen Regisseurs Walter Davy folgten, Stellung genommen. „Es ist beabsichtigt", heißt es da, „ihn als Regisseur weiterhin fallweise für Inszenierungen am Burgtheater heranzuziehen… Ein junger Regisseur muß oftmals im Jahre und bei verschiedenen Aufgaben Gelegenheit haben, sich zu erproben und Erfahrungen zu sammeln. Dies waren die Gründe, warum der Jahresvertrag nicht erneuert wurde…" Es ist gewiß erfreulich, daß dies beabsichtigt ist. Eine Frage ist nur, ob es noch möglich sein wird. Davy, dessen Inszenierungen nicht nur am Burgtheater große Erfolge waren, hat unlängst in Bonn Anouilhs „Colombe" inszeniert und starkes Echo gefunden. Es ist zu vermuten, daß er nun seine „weiteren Erfahrungen“ in Deutschland sammeln wird, wo er sich bereits „erprobt" hat. Vielleicht wird er dann auch einmal wieder ans Burgtheater eingeladen werden. Aber das wird dann bestimmt nur noch „fallweise" möglich sein.

DAS Künstlerhaus feiert heuer sein sechzigstes •'' Gschnasfest unter der Devise „Zirkus Pallawatsch“. Diese ausgelassenste Veranstaltung des Wiener Faschings, bei der alle Künstler, welcher Stilrichtung sie sich auch verschrieben haben mögen, in aller Oeffentlichkeit „Narrenfreiheit" in Anspruch nehmen, hat also Tradition. „Gschnas" soll eigentlich ein mißratenes Kunstwerk, das von seinem Urheber selber parodiert wird, bedeuten. Die vielen lustigen und dekorativen Einfälle, die die Künstler heuer wie immer um diese Jahreszeit haben, sind aber mehr als bloße Parodie: sie geben ihnen selbst Gelegenheit, sich in der Gestaltung größerer Flächen zu bewähren. Freilich scheint es, daß die oft ein .wenig spröden „Modernen" nie so humorvoll, und die „Traditionalisten" nie so „heutig" sind wie zur Fastnacht…

IN New York tagte ein „Internationaler Kongreß für Museumskunde", an dem die Prominenz der europäischen Museumsspezialisten teilnahm. Im Eröffnungsreferat sagte der Direktor des Louvre — einer, der es wissen muß —, daß man endlich eine völlig neue Technik für die Auf- und Ausstellung von alten Kunstwerken schaffen und den Museen den „musealen Charakter" nehmen müsse. Auch müsse sich das Museumswesen von seiner rein nationalen Basis lösen. —- Es ist anzunehmen, daß solche Erkenntnisse auch in die Direktionsräume der österreichischen Museen eindringen. Und zu hoffen, daß sie in ihnen auch fruchtbar werden.

KÜRZLICH hörten wir einen maßgebenden österreichischen Kunsthistoriker über seine Eindrücke anläßlich des Besuches amerikanischer Museen berichten. Ach, er erzählte Dinge, die dem Wiener Kustoden und Museumbesucher wie Märchen in den Ohren klangen: Von Museen, die bis tief in die Nacht geöffnet sind und in denen der Eintritt gar nichts kostet, die über Abteilungen verfügen, in denen Kinder spielendspielerisch in Art und Wesen der Kunst eingeführt werden, in denen Tag und Nacht künstliches Licht herrscht und kein Bild, nicht ein einziges, dem Beschauer spiegelnde Firnisflächen weist… sie müssen traumhaft sein, diese amerikanischen Museen! Dann freilich sagte der maßgebende Kunsthistoriker noch, daß auch in Amerika der Durchschnittsbesuch der Museen zu wünschen übrig lasse…

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