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Im Wiener Kaffeehaus — und anderswo

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KAFFEEHAUS. Literarische Spezialiäten und amou-röse Gustostückeln aus Wien. Auswahl und Nachwort von Ludwig Plakolb. Piper-Bücherei, München. 80 Seiten. Preis 2.20 DM.

Dieses Buch ist in Deutschland erschienen, darum heißt es im Titel „Kaffeehaus“ und nicht einfach Cafe, wie bei uns. Nichtsdestoweniger ist es, da von einem Wiener Literaten, einem Cafe-Menschen (was fast Synonyme sind) zusammengestellt, äußerst amüsant und lesenswert. Texte von Peter Altenberg (die wohl treffendste Definition des Kaffeehauses!), Alfred Polgar (Theorie des „Cafe Central“), Arthur Schnitzler, Jeannie Ebner, Karl Kraus (Aphorismen), Anton Kuh, Egon Friedeil (Die österreichische Seele, ein Essay in 17 Briefen, Briefchen, Depeschen), H. C. Artmann, Hans Weigel, Heimito von Doderer, Peter Hammerschlag, Josef Weinheber, Friedrich Torberg, Rudolf Weys u. a., dazu ein vortreffliches, witziges, mit Anekdoten gewürztes Nachwort. Mir persönlich — die Anmerkung sei gestattet — ist das Cafe als Ort der Ruhe, als Treffpunkt, als Leseraum lieber als alle pointengesättigten Feuilletons darüber; es ist eine zu ernsthafte Sache, als daß daraus eine PseudoPhilosophie oder „Weltanschauung“ gemacht werden sollte.

WIEN FÜR ANFÄNGER. Ein Lehrgang in zehn Lektionen von Jörg M a u t h e mit vielen Zeichnungen von Paul Flora. Diogenes-Verlag, Zürich. 80 Seiten.

Dies ist eines der nettesten Büchlein, die über Wien geschrieben wurden. Jedes der zehn Kapitel — „Lektionen“ — ist in einen allgemeinen, „belehrenden“ Abschnitt, in eine „Übung“ und in „Vokabeln“ gegliedert; eines der Kapitel — das siebente — ist den „Wiener Kaffeehäusern“ gewidmet. Aus dieser Lektion sei zitiert: „Man muß das Wiener Kaffeehaus ernst nehmen, denn es besitzt eine soziologische Bedeutung hohen Ranges und ist ein Zivilisationsfaktor erster Ordnung: die Österreicher haben halb Ost- und ganz Südosteuropa nicht nur mit theresianischen Dorfkirchen, mit den gelben Mauern und schwarzen Dächern franziskoMM josephinischer Schulen und Bahnhöfe, sondern auch mit dem Wiener Cafe kolonisiert. Die Kirchen mögen unterdessen verfallen oder zweckentfremdet, die Bahnhöfe zerstört und die Schulen nicht mehr kaisergelb getüncht sein. Das ,Cafe Wien' erhält sicheren Berichten zufolge in Tarnopol, Czerno-witz, Debrezin und Betschkeret heute noch europäische Traditionen aufrecht.“

Übrigens: dies Buch kann nicht nur dem Anfänger empfohlen werden; auch der Kenner Wiens wird seine helle Freude daran haben.

ZWERGSTAATEN FÜR ANFÄNGER. Von George Mikes. Zeichnungen von Godu Hofmann. — APROPOS FERIEN. Von George Mikes. Zeichnungen von David Langdon. — DER HÄUSLICHE DRILL oder wie man einen Ehemann erzieht. Von Hans G m ü r. Zeichnungen von L o-r i o t. - WAHRE GESCHICHTEN erlogen von L o-riot. — CARTOON 60. Die besten Karikaturen des Jahres 1959 aus zehn Ländern, von L o r i o t, Bosc, Chaval, Francois, Sempe, Paul Flora u. a. Alle: Taschenbücher aus dem Diogenes-Verlag, Zürich. Zirka 60 Seiten.

Dies ist eine ganze Manteltasche voll reizender „Tabus“ (Taschenbücher) aus dem Diogenes-Verlag, die den Leser zweimal erfreuen wollen; durch ihre humoristischen Texte und durch ihre witzigen Zeichnungen. George Mikes führt uns durch Liechtenstein, Monako, San Marino und Andorra (wir lasen diese Einführungen vorabgedruckt im „Forum“, Wien) und hat, schon einmal beim Thema Ferien, ein ganzes Bändchen über das Reisen zusammengestellt samt einer Anleitung „Wie man Völker psychoanalysiert“. Der Zeichner Loriot ist uns mit seinen grotesk-drolligen Ratschlägen aus der Illustrierten „Quick“ bestens bekannt. Das Bändchen „Cartoon 60“ sammelt, eine nun schon fünfjährige Tradition fortführend, Gustostückeln der Haus-Karikaturisten des Diogenes-Verlages. Besonders einfallsreich waren heuer Bosc, Chaval und Flora, um derentwillen es sich lohnt, das Bändchen zu kaufen und, wenn man will, auch zu schenken.

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