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Kirchenmusik im Verlag Styria

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Der bereits im Editionswerk des Vorjahres profilierte Grundgedanke, vor allem den kleinen, in ihren Möglichkeiten begrenzten Kirchenchören eine gegenwartsverbundene Erneuerung ihrer Programme und Archive zu ermöglichen, tritt in der Jahresernte 1953 noch stärker und bestimmender in Erscheinung. Es geht nicht um Spitzenwerke des kirchenmusikalischen Schaffens, sondern um praktisch-erzieherische, vom Festgefahrenen zum Neuen brückenschlagende Musik, nicht um das höchste Ziel, sondern um die Bewegung dahin. Diese gebieterische Notwendigkeit der Entwicklung erkannt und gefördert zu haben, ist dem Verlag im besonderen zu danken, zumal der solcher Absicht naheliegenden Gefahr einer Verflachung durch sorgfältige und universelle Auswahl begegnet ist.

D ie einfachsten Verhältnissen angepaßte Sankt- Johannes-Messe von Heinrich Lemacher versucht mit Erfolg, innerhalb des traditionellen Klangbildes ein liturgisch vertieftes Profil zu geben. Sie kann als Vorbild einer leichten Orgelmesse angesprochen werden. Im gleichen Sinne schuf Joseph Kronsteiner seine Pius-Messe und mit ihr den heutigen Typus der nicht problematischen, aber persönlich scharf profilierten A-capella-Messe. Aehnliche Gedanken liegen der Messe über „Ave Maria zart” von Georg Straßenberger sowie dem Requiem von Michael Kunz zugrunde. In Vinzenz Gollers Missa Deo Gratias ist uns eines der letzten Werke des großen Bahnbrechers der kirchenmusikalischen Erneuerung geschenkt. Die von Ernst T i 11 e 1 besorgte und mit ausgeschriebener Orgelstimme versehene Neuausgabe von Mozarts Krönungsmesse tegt dieses meistaufgeführte Werk der Wiener Klassikerzeit in gediegenster Ausstattung vor. Ein Beitrag zur volksliturgischen deutschen Kirchen musik ist Hermann Kronsteiners Proprium am Feste Mariä Lichtmeß, das wohl mit anspruchslosen Chorverhältnissen, zugleich aber mit der Heranziehung des singenden Volkes rechnet.

Auch die kleineren Kompositionen sind bei aller Tiaditionsverbundenheit nicht ohne eigenes Gesicht. Vier Pange lingua von Goller für gemischten Chor und Orgel bieten zu verschiedenen Anlässen entsprechende Vertonungen. „Sechs geistliche Lieder" für dreistimmigen Frauenchor und Orgel oder Harmonium von Ernst Titte! werden besonders Klöstern und Internatschören eine willkommene Bereicherung ihres Singens bieten, ebenso Norbert Gerholds „Drei Marienlieder", während dessen „Zwei Totenlieder" geistlichen und weltlichen Chören gleicherweise von der oft leichtesten Gelegenheitsmusik bei ernstestem Anlaß zu wertvollen und würdigen Gesängen helfen. Das „Libera" von Michael Haydn ergänzt diese Reihe in völlig traditionellem Sinne.

Josef Kronsteiners „Silvesterspruch” und „Vater unser" stehen an der Schwelle zwischen geistlichem und weltlichem Singen. Letzterem w erden drei Heftchen mit Volksliederbearbeitungcn lebendige Anregung geben können: das „Alpenländische Chorbüchlein“ von Cäsar B res gen begnügt sich im Satz mit den einfachsten natürlichen Akkorden, während „O du schöner Rosengarten" von J. F. Doppelbauer und ..Es ritten drei Reitet" von Friedrich N e u m a n n das eine vierstimmige, das andere sehr aparte dreistimmige polyphone Satzweise bringt — w’odurch auch individuellerer Auswahl und Geschmacksrichtung die Hand geboten ist.

Der eminent praktische Gedanke, der sieb in dieser Jahresedition eines verantwortungsbewußten Verlages dokumentiert, kann seine aufbauende Kraft nur durch die Mitarbeit der Chöre erweisen, denen er gewidmet ist. Daß diese Mitarbeit auf breitester Basis geschehe, ist im Sinne einer lebendigen Kirchenmusik zu wünschen.

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