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Kunst des Schauspiels
Ein Abend großer Schauspielkunst in der Josefstadt. Der filmische Welterfolg „Johnny Belindas" erwies die Anziehungskraft des Stoffes, die deutsche Bearbeitung dieses Reißers von Eimer Harris durch Walter Firner paßte ihn klug dem Sentiment Mitteleuropas an, ein Kunstwerk aber entstand: erst durch die Aufführung. — Das Schicksal eines taubstummen Mädchens in der Armut, Kargheit und fanatischen Enge eines kanadischen Inseldorfes. Ohne Unterricht, ohne seelische Betreuung wächst Belinda, selbst vom Vater nur „die Stumme' genannt, auf wie ein junges Tier, vergräbt ängstlichscheu ihre Gefühle, ihr Bewußtsein, ihr Menschsein hinter wenigen, zagen Gebärden. Ein Mann vergeht sich an der Wehrlosen. Ein Kind wird geboren. Aufstand, Widerstand gegen sie von allen Seiten. Ihr Retter wird ein junger Arzt, der sie sehr zart und sehr sicher aus den Fesseln der Stummheit löstj im Kampf um ihr Kind und um ihre Liebe zu diesem Manne wird sie ein freier Mensch. Riesen Weg verkörpert Hilde Krahl. Hier ist Schauspielkunst in einer Vollendung, wie sie Wien selten zu sehen bekommt. Hoher Intellekt iund eine tief spürende Einfühlungskraft meistern hier die „Rolle , erlösen sie aus Sentimentalität und griffiger Formel zu reiner Kunst. Wer es noch nicht begriffen hat, was echte moderne Kunst ist, kann es hier ersehen: sehr viel Verstand, Intellektua- lität, Wissen, erlerntes, ernst und sauber erarbeitetes Wissen, verbunden mit reicher Erfahrung des Menschlichen. Das Ergebnis: eine Studie, die Wissen, Können, Gefühl verschmelzt zu reiner, klarer Gebärde, die das Wesentliche aussagt in wenigen Strichen, Bewegungen — ohne Worte, was in diesem Fall eine über das Thematische hinausgehende Bedeutving hat. Worte sind noch zu unrein, zu abgegriffen, zu mürbe, faulend-matt; noch schlechte kleine Münze des Sentimentalischen. Die Plastik des Körperausdrucks bezeugt, weiß, gibt, sagt alles. — Neben Hilde Krahl behaupten sich eindrucksvoll als Partner: Hermann Erhard! als Vater, Hans Holt als Arzt (weit hinauswachsend über den Konfektionsanzug des Liebhabers, m dem wir ihn allzu iancje gesehen haben), Kurt Heintel als brutal-kluger Dorf-Don-Juan, dazu die Damen Kienast, Markus und alle Chargen.
Das Akademietheater hat das Verdienst, an einem kalten Frühlingstage die Sommersaison eröffnet zu haben: mit der
Komödie „W olken sind überall von
F. Hugh Herbert. Da plaudern also zwei Stunden lang drei Persönchen in einem Zimmer Und auf dem Aussichtsturm des Empire State Building in New York. Ein junger Architekt, ein reicher nichtstuender, whiskytrinkender Lebemann, ein junges Mädchen, das gerne und möglichst schnell einen Mann haben will. Plaudern, plätschern in Nichtigkeiten; trennen sich für Viertelstunden, finden sich zum Happy-End. Das reizende, scharmante Spiel von Annemarie Düringer, Alexander Trojan und Ulrich Bettac läßt die Stunden und das Spiel vergessen. Bleibt noch ein Lächeln über soviel liebenswürdigen Eifer, mit der sie hier bei der Sache, beim Spiel sind...
John Patricks „Heißes Herz war eines der größten Publikumserfolge der .Insel" gewesen! vielleicht hat dies das Volkstheater bewogen, seine Komödie „K o- mische Leute herauszubringen. Harmlose Narren um eine Dollarmillionärin, die von ihren Kindern aus durchsichtigen Geldgründen in das Sanatorium verbracht worden war. Die Narrheiten der Narren und Nicht- Narren bilden ein Spannungsfeld, in dem sich hochbegabte Schauspieler tummeln können wie Robben im Planschbecken! Lotte Lang, Dorothea Neff, Inge Konradi, das ganze Ensemble der Josefstadt, unter der behutsam gepflegten Regie Glücksmanns: ein Publikumserfolg für die Darsteller, nicht für das Stück.
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