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Phil(un)harmonisches

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Letztlich ist es die Sache der Philharmoniker. Der Wiener nämlich. Nein, nicht wie man sie betont. Das macht unsereins auf dem o. Die sie auf der ersten Silbe betonen, haben natürlich die internationale Welt hinter sich, also lassen wir sie auch gelten.

Was nicht heißt, daß die internationale Welt in alles dreinzureden hat bei den Wiener Philharmonikern. Auch ich rede ihnen nichts drein, und wenn ich ihnen da vielleicht gegen den Strich schreibe, bitte ich sie um Pardon. Weil ich nämlich dafür bin, daß sie ein Männerverein bleiben. Womit sofort den Mißverständnissen Tür und Tor aufgemacht sind.

Ich habe zum Beispiel überhaupt nichts gegen Frauen. Schon gar nicht gegen musizierende, sofern sie's beim Musizieren bewenden lassen. Die Vanessa Mae etwa, gegen die habe ich etwas. Da heißt, auch nicht gegen sie, wie könnte ich. Ein reizendes Wesen. Aber sie soll das reizende Wesen dort spielen, wo's hin-, und Geige, wie es sich gehört.

Man sieht, ich bin konservativ. Aber das muß ja nichts Schlechtes sein.

Klar. Wenn die Tina Turner über die Bühne joggt, gilt der rasende Beifall des Publikums auch nicht unbedingt dem, was sie dargeboten hat, sondern dem, wie sie das gemacht hat. Aber die Texte und Melodien, die sie zum besten gibt, sind auf das hin konzipiert. Ohne Tina Turner wären sie zur ewigen Verdammnis verurteilt.

Was die liebe Vanessa spielt, ist aber größtenteils auch ohne Getue äußerst wertvoll, ja gerade ohne Getue. Dieses ist, für mich zumindest, eher im Weg. Es versperrt mir den Zugang. Wollte ich eine Show, brauchte ich dazu kein Beethoven-Violinkonzert. Vanessa plus Beethoven aber ist wie Sauerkraut mit Schlagobers. Beides köstlich, aber bitte nicht zusammen.

Habe ich mich verloren? Ich wollte die Philharmoniker bitten, doch bei ihrer Tradition zu bleiben. Nicht, weil ich Vanessas in ihren Reihen befürchte. Heutzutage ist derlei, nämlich Hopsen und Popowackeln, schließlich keine Domäne der Damen mehr. Ein knackiger Jung-Schlagzeu-ger aus den eigenen Reihen wäre das genauso imstande und vermutlich äußerst umsatzfördernd.

Nein, es geht ums Prinzip. Vor allem geht's ums Nicht-Dreinredenlas-sen. Schließlich regt sich beim Analysieren des Vereins zur Erhaltung der grünen Verzierungen bei Nachtkast-llampen auch niemand auf, weil man dort die blauen Fernsehleuchten vernachlässigt. Die sollen sehen, daß sich ihnen wer widmet

Also möge man, auch wenn man etwa einem einflußreichen amerikanischen Frauenverband angehört, die Finger von den Geigern und Bläsern an der blauen Donau lassen. Oder hat sich unser Altkanzler schon darüber empört, daß sie ihn dortselbst, bei den Damen im fernen Land der angeblich so unbegrenzten Möglichkeiten, nicht im Traum aufzunehmen gedenken?

Eben. Mir reicht die Aufhebung des Vorhangsverbots im Burgtheater. Und die Zumutung, daß man in der Hofburgkapelle in naher Zukunft Sängerknäbinnen tirilieren hören sollte, ist mir auch schon ans Trommelfell gedrungen.

Da soll doch der Teufel dreinfah-ren. Den haben die Emanzen wenigstens noch nicht für sich reklamiert. Da ist ihnen schon seine Großmutter zu viel.

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