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Theaterausklang

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Nach einer langen Reihe von „publikums-werbenden“ Heiterkeiten, um deretwillen böse Zungen das Grazer Schauspielhaus schon in Grazer Lustspielhaus umbenannt hatten, kam gegen Ende der Spielzeit der plötzliche Umschwung. Mit einer Spielwoche, in der Anouilh, Priestley, Cronin und Calderon als einzige Verfassernamen auf dem Programm standen, errang sich das Schauspielhaus wieder einen der ersten Plätze im österreichischen Theaterleben. Gerieten dodi audi die Aufführungen den Diditern zur vollen Ehre und geschah es obendrauf überraschend (was eigentlich zu erwarten war, nur von den verantwortlichen Stellen nicht geglaubt wurde), daß sidi das Haus wie schon lange nicht füllte.

Ca lderons „Richter von Zala-m e a“, als Jubelfeier zum 350. Geburtstag des großen Spaniers, war zwar nicht das am glücklichsten gewählte Stück aus dem reichen Werk des Meisters, zu sehr war noch eine nur wenige Jahre zurückliegende Glanzvorstellung desselben Dramas in Erinnerung des Publikums. — Als österreichische Uraufführung brachte man Cronlns „Sperlinge in Gottes Hand“ („Jupiter lacht“) heraus. Man fühlt den dramatisierten Roman, auch eine reiche Serie von Effekten, sehr handfesten, allzu handfesten Effekten, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Die philosophische Quintessenz ist als Schlußdialog hinzugedichtet, die Handlung selbst von einem fast rührenden Ausklang. Der ungeheure Erfolg des Stückes (noch bei der zwanzigsten Vorstellung ein ausverkauftes Haus) lag, abgesehen von der begeistert aufgenommenen Darstellung, vielleicht in der Rückkehr eines modernen Dichters zu naturalistischer Handlung. Der Inhalt von Cronins Werk ist ein Spiegel seines eigenen Wandels vom ungläubigen Wissenschaftler zum christlichen Arzt. Ein gewaltiges Problem unserer Zeit, vielleicht symbolhaft für die große Wandlung unseres Jahrhunderts gerade in der Wissenschaft; aber der Weg, der hier diesen Lästerer zur Erkenntnis Gottes führt, die Lieb einer engelhaften jungen Ärztin, die zur Mission nach China will, und Ihr Opfertod, endlich sein Entschluß, nun selbst nach China zu gehen, scheint doch ein wenig zu .romanhaft“, um vollends der Größe des Problems gerecht werden zu können.Untrüglich aber bedeutet auch dieses Werk einen Markstein am Wege menschlichen Geistes, der allem äußeren Weltgeschehen zum Trotz durch eine Wüste von Unmenschlichkeit wieder heimführt zur Krippe von Betlehem.

Dichterisch weitaus gereifter, zutiefst erschütternd in ihrer Ausweglosigkeit, wirkte Anouilhs „Medea“ in einer außerordentlich eindrucksvollen Inszenierung, gleich einem mächtigen Schattenbilde unseres Daseins. Mitleidlos reißt der Dichter allen romantischen Flitter von der alten Sage und enthüllt ewicje Menschheitsnot. Not aber ist immer Schrei nach Erlösung. Wie verzweifelt oder kalt feststellend solche Werlte auch gemeint sein mögen, ihre Antwort in den Herzen der Menschen wird immer Gebet sein. Auch bei den Ungläubigen. Nur schämen sie sich dessen vielleicht noch. — Mit Priestleys Plauderei „Seit Adam und Eva“ gelang eine der besten Inszenierungen des Jahres.

Die Festspiele endlich brachten heuer im Unterschied zu den Vorjahren keine heimliche Uraufführung. Das Burgtheater gab Grill-parzers „Sappho“ im Landhaushof. Das Schauspielhaus feierte heuer ganz unproblematisch und doch auf sehr sinnige Weise mit Nestroys „Kampl“. In einer betont altertümelnden Inszenierung, aber mit richtigem Maß die Schwächen der Gegenwart nicht übersehend, zauberte Direktor Ebbs einen Abend Altösterreich auf die Bühne. — Mit Spannung erwartet man das nächste Spieljahr, das alle drei Bühnen zu einem Unternehmen unter fünf Direktoren vereinigt ...

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