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Von den Abenteuern versunkener Zeiten

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Hernän Cortes kannte keine Skrupel. Cool, wie man heute sagen würde, ohne Beschönigung, ohne einen Schimmer von Unrechtsbewußtsein, referierte er seinem Kaiser, wie er das Beich der Azteken ausgeraubt und vernichtet hatte. Der selbstgerechte Ton, das Motiv der Habsucht, das den Text als Sub-text begleitet, macht die beiden Berichte an Karl V. zu Schlüsseldokumenten einer Epoche, die sich von unserer nicht zuletzt dadurch unterscheidet, daß ihr die Subtilität fehlte, mit der man später jedes Verbrechen als gerechtfertigt darzustellen lernte.

Die Conquistadoren töteten geradezu in aller Unschuld. Europa war zwar „christlich" geworden, hatte aber nach Jahrhunderten bestenfalls bescheidene Ansätze entwickelt, um die zentralen Grundsätze des Christentums verbindlich zu machen. Herausgeber Ernst Bartsch fußt auf früheren Übersetzungen und ergänzte die Neuausgabe (Hernän Cortes: „Die Eroberung von Mexiko") durch einen Auszug aus den Memoiren des Bernal Diaz de Castillo.

Ida Pfeiffer repräsentiert das andere Ende des Spektrums Reise und Abenteuer. Sie wollte nichts gewinnen, sondern Fremdes sehen, erleben, kennenlernen - und später auch beschreiben. Als sich die Österreicherin 1842 in Kaisermühlen einschiffte, um nach Konstantinopel und weiter nach Palästina und Ägypten zu fahren, genossen fremde Kukuren großen Respekt bei den Europäern, vor allem, wenn sie versunken waren oder als exotisch bestaunt werden konnten. Vor allem bei den Engländern gehörte das Reisen zum guten Ton der Reichen, aber eine seriöse Frau, die allein reiste, war auch bei ihnen noch ziemlich ungewöhnlich. In Österreich, und noch dazu zum Vergnügen, war derlei undenkbar, weshalb Ida Pfeiffer nur wenige Vertraute in ihre Absichten einweihte.

Sie wurde zu einer bemerkenswerten Autorin und zu einer Vorreiterin der Frauenemanzipation. Verlag und Herausgeberin Gabriele Habinger ist zu dieser Wiederentdeckung zu gratulieren: Ida Pfeiffer war eine exzellente Beobachterin und sparte auch die Unannehmlichkeiten nicht aus, die vor eineinhalb Jahrhunderten in Kauf nehmen mußte, wer etwas von der Welt sehen wollte.

Mit noch mehr Ungemach und Bisken war die Beise in das Heilige Land freilich für den Dominikanermönch Felix Fabri verbunden, der 1483 aus seinem Kloster in Ulm aufbrach. Auch er traf unterwegs allein zum heiligen Grab reisende ältere Frauen - und Ritter, die sich darüber unglaublich aufregten. Fabris Bericht ist auch in der anspruchsvollen „Edition Erdmann" ein Juwel: Im Jahr der Abreise Ida Pfeiffers zu ihrer ersten Tour, 1843, erstmals im lateinischen Original publiziert, liegt es nun, übersetzt von Herbert Wiegandt unter Mitarbeit von Herbert Krauß, endlich auch deutsch vor, und zwar in einem guten, modernen Deutsch. Die Schilderung einer Galeere zum Transport der Pilger, und der Zustände auf ihr, ist ein see- und reisehistorisches Unikum, die Auswahl der Holzschnitte verdient ein Sonderlob.

REISE IN DAS HEILIGE LAND, Konstan-linopeL Palästina, Ägypten im Jahre 1842 von Ida Pfeiffer. Promedia Verlag, Wien 1995. 288 Seitern, Kl, öS 280,-

DIE EROBERUNG MEXIKOS 1520- 1524 Von Hernän Cortes 336 Seiten, Ln., öS 307,-

GALEERE UND KARAWANE Pilgerreise ins Heilige Land, zum Sinai und nach Ägypten 1483. Von Felix Fabri 336 Seiten, Ln., öS 307,. Beide: Edition Erdmann in K. Thienemanns Verlag, Stuttgart 1996.

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