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Ein rätselhafter Anruf

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Ich habe in meinem Aufsatze: „Geboren 1656 - geschändet 1956?“ im „Watschenmann“ Nr. 17 /1956 auf den Entwurf 5 b in der Wettbewerbsausstellung in der Akademie der bildenden Künste hingewiesen, der allein den Weg weist, wie die unmittelbare Umgebung des Palais Trautson zu gestalten sein wird. Am 15. Juni vormittag teilte mir der Verfasser des Entwurfes, Dipl.-Ing. Arch. Emil L a d e w i g, folgendes mit:

„Heute morgen, um 7.15 Uhr, rief mich ein Unbekannter an und sagte:

,Ich spreche namens der Architekten, die bei der Konkurrenz mitgewirkt haben, und im Namen der Aemrer, die die Aufgabe haben, über die Kultur Oesterreichs zu wachen Ich bleibe inkognito, Sie werden dies verstehen. Ich finde es geradezu unkameradschaftlich, sich in einer Zeitung wie dem .Watschenmann' persönlich an den Minister zu we den.' ich erwiderte hierauf: Ich muß feststellen, daß nicht ich mich an den Minister gewendet, habe, sondern offensichtlich einer der wenigen Besucher der Ausstellung, die mit Verständnis und offenen Augen die Sache betrachtet haben. Es sind übrigens mehrere Personen, die dies getan haben. Sie brauchten nur die „Furche“, den „Neuen Kurier“ und die „Presse“ zu lesen, die sich alle zu meinem Projekt zustimmend geäußert haben. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß ich geflissentlich, wie es sich ziemt, meine Namenlosigkeit gewahrt habe. Ich bin so weit gegangen, daß ich noch vor Erscheinen der Zeitungsaufsätze beim Herrn Bundesminister um eine Vorsprache ersucht habe, um ihn an Hand meiner Pläne zu überzeugen, welches ungeheure künstlerische Unglück uns bevorstehe. Ich bemerkte ausdrücklich, daß ich es vermieden wissen wolle, eine Zeitungspolemik hervorzurufen. Es wurde mir auch in Aussicht gestellt, beim Herrn Minister vorsprechen zu dürfen, doch ist mir am nächsten Tage bedeutet worden, daß mich der Herr Minister wegen, Arbeitsüberlastung nicht empfangen könne. Daß danach die Aufsätze erschienen sind, und zwar in recht angeschenen Zeitungen, kann ich nur begrüßen, da in der Sache irgend etwas Positives geschehen muß. wenn unsere Stadt vor einer schweren künstlerischen Katastrophe bewahrt bleiben soll. Auf Ihre besondere Frage, warum ich meine Pläne nicht so durchgearbeitet habe, daß wenigstens eines der beiden Aemter untergebracht werden könnte, habe . ich zu sagen: Weil ich überzeugt war, daß, während unser Projekt 5 a den Wettbewerbsbedingungen durchaus entsprach, das Projekt 5 b' ausgeschieden werden mußte, weil es umgekehrt diesen keineswegs entsprach, besonders deshalb, weil es den Raumanforderungen durchaus nicht genügte und genügen konnte. Wir waren sogar, eben deshalb, überzeugt gewesen, daß es gar nicht werde ausgestellt werden. Da es nicht ausgezeichnet wurde, weil es eben den Wettbewerbsbedingungen gar nicht entsprach, können wir es veröffentlichen; sonst wären uns während eines ganzen Jahres die Hände gebunden gewesen. Wir hätten schweigen müssen, das Unheil hätte seinen Lauf genommen.

In der Oeffentlichkeit zeigt sich Interesse für unser Projekt 5 b; es ist nicht ausgeschlossen, daß es veröffentlicht werden wird. Dann wird man erkennen, daß ich schon vor Jahren gleichfalls ein vertieftes Parterre und ebenfalls eine unterirdische Garage vorgesehen habe. Ich hoffe, daß noch im letzten Augenblick eine sehr schwere Niederlage des Denkmalschutzes verhindert werden könne, wenn ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben werde; zu diesem werden wir natürlich eingeladen werden müssen. Den Inhalt dieses Gespräches werde ich dem Verfasser des Aufsatzes im „Watschenmann“, Dr. Schneider, mitteilen; es werden sich Wege finden, ihn zu veröffentlichen.“

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