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Wiener Komödie

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Das einzige Stück, das thematische Ansprüche stellt: „DieTragödie der sechs Matrosen von S 4“ von Günther Weißenborn im Theater „Das Experiment“. — Eine U-Boot-Tragödie äußerlich, an „besondere Vorkommnisse“, wie es in der Militärsprache heißt, 1927 und 1950 anklingend, innerlich die Tragödie dieser Welt, in der die Christen es nicht mehr wagen, Christen zu sein. Der Taucher allein, er, der die abgesoffenen Schiffe dieser Welt bergen soll, der Taucher ist der einzige Mensch, der noch auf den Grund geht, hinabtaucht, bis er die verzehrende Forderung des Evangeliums erfaßt: „Du sollst nicht töten“... Die anderen sacken ab mit dem U-Boot, das nichts anderes ist als Kafkas Schloß, als Camus' algerische Stadt, ein Symbol für die Kerkerwelt des Menschen, der nicht mehr wagt, sich der Transzendenz zu öffnen. Da sterben sie also dahin, am Meeresgrund, die sechs Matrosen, wunde Tiere, gefangen in ihren Leidenschaften und Tränen ... —• Schade, daß der Schlußteil der Tragödie dramatisch so schwach entwickelt ist. Regie und Leistung der Schauspieler bemühen sich sehr und verdienen hohes Lob.

„DieKinderEduards“ von M. G. S a u-vajon, F. Jackson und R. B o 11 o m 1 e y im Akademietheater. Wir sprachen letztlich über den Akademietheatertyp des Familienstücks. Hier nun eine neue Variante, die thematisch an Abgeschmacktheit, um von anderem nicht zu reden, ihre Vorgänger noch übertrifft. Denise, eine Pariser Journalistin, hat gelegentlich, im Lauf ihres Lebens, von drei Männern drei Kinder empfangen. Da zwei derselben sich jetzt zu verheiraten gedenken, lädt sie zum erstenmal die drei

Männer — einen Engländer, einen Polen, einen Franzosen — in ihr Haus. Die drei Kinder, zwischen sechzehn und zwanzig, und die drei Väter debattieren nun, ob Denise nicht auch heiraten soll, um dergestalt die Hochzeit zu verschönern. Rauschender Beifall — der Kinder und der Väter — auf der Bühne und im Publikum: das sieht auf die Dorsch und den Jungbauer — der Inhalt: c'est egale.

Die Insel bringt einen Birabeau: „Das heimliche Nest“. Ein alter Routinier also der Pariser Lustspielkonfektion — um welche These spinnt er diesmal sein Garn? Ein guter Junge von 18 Jahren läßt sich durch das traute Heim, in dem sein Vater mit seiner Geliebten und seiner entzückenden sechzehnjährigen Tochter lebt und in das er durch Zufall gerät, belehren, daß das andere offizielle Leben seines Vaters in Paris mit seiner Gattin, der Mutter des Jungen, gar kein richtiges Eheleben ist, weil es nur den Segen der Behörden hat. Schluß: Siehe oben, zu: „Die Kinder Eduards“. Vorschlag: Diese beiden Stücke, da inhaltlich verwandt, zu eanem einzigen zu mixen — und dieses eine bei uns nicht zu spielen.

Der Schweizer Alfred G e h r 1 hat einmal einen großen Bühnenerfolg gehabt mit einem Pariser Hinterhaus- (6. Stock-) Stück. Er rächt sich für diesen Erfolg mit einer Fortsetzung: „Neues aus dem 6. Stock“ und die Josefstadt exekutiert seine Rachetat. Tratsch und Klatsch, die Akte kleiner Leute, Künstler, Randsteinfiguren, Halbwelt. Nach viel Lärm um nichts geht alles zur Taufe des jüngsten Sprößlings des 6. Stockes. Gehri ist nicht ohne Ambitionen: Wenn wir aber daran denken, was ein Odön von Horvath aus diesen

Figuren gemacht hätte, dann erkennen wir di

Schwäche dieser Montage.

Ein neues Wiener Volksstück im Volkstheater: .Stadtpark“ von Frit7 Schubert. Ein Stück fürs Herz, fürs Gemüt, ein Stück für die Annie Rosar, die ihr 40jähriges Bühnenjubiläum glanzvoll feiert. Das goldene Wienerherz im Stadtpark . . . Die reichen Leut' lassen sich scheiden, laufen davon . . . Die Sesselvermieterin bringt alle wieder zusammen. Deus ex machina, eine gütige Fee aus der heilen Welt des Praterbarocks. Auch wenn man all das abzieht, die Sentimentalitäten und andere Billigkeiten — es bleibt ein echter warmherziger Ton, und das Spiel der Rosar.

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