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Zweierlei Humor

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Es gibt mehrere österreichische Dramatiker, die sich in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum rasant durchgesetzt haben. Herbert Berger gehört nicht zu ihnen. Schon vor neun Jahren spielte das Volkstheater eines seiner Stücke in den Wiener Außenbezirken ohne stärkere Resonanz. Nun gelangten von ihm „Drei Einakte r“, die allerdings entgegen der Bezeichnung aus mehreren Teilen bestehen, im Kleinen Theater der Josefstadt zur Uraufführung. Geschick und Begabung erweisen sich, ohne daß eine ausgesprochen persönliche Eigenart erkennbar würde. Einflüsse von Horvath und Wolfgang Bauer — kritische Sicht, heimische Mundart — kreuzen sich mit solchen des schon etwas strapazierten schwarzen Humors.

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Es gibt mehrere österreichische Dramatiker, die sich in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum rasant durchgesetzt haben. Herbert Berger gehört nicht zu ihnen. Schon vor neun Jahren spielte das Volkstheater eines seiner Stücke in den Wiener Außenbezirken ohne stärkere Resonanz. Nun gelangten von ihm „Drei Einakte r“, die allerdings entgegen der Bezeichnung aus mehreren Teilen bestehen, im Kleinen Theater der Josefstadt zur Uraufführung. Geschick und Begabung erweisen sich, ohne daß eine ausgesprochen persönliche Eigenart erkennbar würde. Einflüsse von Horvath und Wolfgang Bauer — kritische Sicht, heimische Mundart — kreuzen sich mit solchen des schon etwas strapazierten schwarzen Humors.

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Zunächst Kritik an einem Einzelfall. Unter den Älteren gibt es offenbar immer noch Menschen, die ihren Kriegserlebnissen, allem Grauen zum Trotz, mit verbrecherischer Sehnsucht nachhängen. In dem Einakter „Sohenan Gruaß aunan Hans-aungel“ spielt ein Installateur, ein ehemaliger Kampfflieger und Ritterkreuzträger, Feindflug, springt nach einer Bauchlandung in seiner Phantasie über eine Mauer, es ist die Fensterbrüstung, er stürzt in die Tiefe. Rückwärts gewandte Kriegsbegeisterung wird ad absurdum geführt. Der zweite Einakter „Waun o klaans Vogal ausn Nesd foid“ bietet eine fast handlungslose Charakterschilderung eines jungen Kerls, der, seinen Eltern entlaufen, von einem scheinbar allzu gutmütigen Ehepaar aufgenommen wird, das er rüde anmaßend behandelt, bis wir die beiden Alten beim Mahl sehen und in ein, zwei Sätzen erfahren, daß sie ihn eben aufessen.

Im dritten Einakter, „Kleider machen Leichen“, ergibt sich Berger ebenfalls dem farcenhaften Makabren. Ein guter Einfall: Ein verwandlungsfähiger Friseur spielt, um sich die Pension einer Verstorbenen auszahlen zu lassen, diese Tote. Als er aber glaubt, seine Frau, die ihn dazu angestiftet hat, betrüge ihn mit dem Briefträger, zeigt er sie aus Rache wegen Gattenmordes an. Daß die Frau nun verhaftet wird, ist nur durch einen höchst unwahrscheinlichen Beobachtungsfehler der Polizei möglich. Zur Strafe trifft ihn der Schlag. Der Schluß hinkt. Unter der Regie von Gernot Friedel wird im ersten Einakter eine nur schwach exponierende Trinkszene ausgezeichnet dargeboten. Kurt Jaggberg ist glaubhaft dieser kampflüsterne, kalte Jagdflieger von einst. Das meisterliche Spiel von Lotte Lang und Ernst Waldbrunn als die beiden Alten trägt das zweite Stück so, daß die Schlußwendung wie der Punkt auf dem i sitzt. Der junge Rowdy gewinnt durch Erwin Höfler Kontur. Im dritten Einakter überzeugt Elfriede Ramhapp als geldgierige Anstifterin des Schwindels. Alfred Böhm dagegen spielt die noch

„lebende“ Tote zu sehr auf Klamauk hin. Heinz Geretsegger entwarf die asketischen Bühnenbilder.

Im Unterhaltungssektor gibt es einen veritablen Erfolg. Das ereignet sich bei dem Lustspiel „Ein Mädchen in der Suppe“ des 37jährigen Engländers Terence Frisby in den Kammerspielen. Was die Gattin eines sehr berühmten Mannes einst erklärte, sie sei nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen, gilt sehr wohl für die kleine knusprige Marion, die sich der nicht mehr ganz taufrische, Prominenz vortäuschende Fernsehkoch Robert von einer miesen Party, in die er geraten war, heimgeholt hat. Heim? Das heißt in seine drehbare Bettnische. Da nun wird der auf seine erotischen Erfolge stolze, immer noch in Schwung befindliche Robert amüsant mit der jungen Generation konfrontiert. Erotik steht gegen Sex, die Kavaliersmethode alter Schule des angetrauten Playboys gegen den Ruck-Zuck-Sex der Neunzehnjährigen, Rudimente romantischer Galanterie bei ihm gegen ihre unbekümmerte Direktheit. Da sprühen die Funken. Versteht sich, daß es auch noch einen Hippie-Rowdy mit den dazupassen-den Manieren gibt, der die „Biene“, die ihm davonlief, schließlich zurückholt. Der erotische Strahlenkranz des Unentwegten ist dann etwas lädiert, aber es meldet sich schon ein neues Gänschen. Gespielt wird das Stück unter der Regie von Peter Loos vortrefflich, Gunther Philipp gibt den Fernsehkoch drollig die forcierte Frische des Alternden, Helga Papouschefc der Marion den wie selbstverständlichen, vorwitzig kecken Sex.

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