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Aus dem Konzertsaal

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Hans Kann und Rosorio Maarciano spielten einen Abend lang vierhändige Klaviermusik von Beethoven. Man kennt sie kaum, sie ist auch weder an Umfang noch an Bedeutung für Beethoven charakteristisch, zumeist Gelegenheitsarbeit Immerhin ist auch in ihr der Entwicklungsgang des Bonner Meisters von den strengen Formen der Wiener Klassik bis zu seinem Spätstül deutlich, sofern man die Große Fuge B-Dur, op., 134 (nach dem Streichquartettfinale op. 134 von Anton Halm für Klavier zu vier Händen gesetzt und von Beethoven nur verbessert) dazurechniet. Außer ihr umfaßte das Programm die Sonate D-Dur, op. 6, die Variationen über das Lied „Ich denke dein“, die drei Märsche op. 45 und die Variationen über ein Thema des Grafen Waldstein. Das Aparte dieses Programms aber gewann durch die Ausführenden besonderes Interesse, die nicht nur in tadelloser Technik und Eingespieltheit musizierten, sondern in sich selbst einen pikanten Kontrapunkt darstellten, indem der ruhig männliche Anschlag Hans Kanns von dem energisch-mutwilligeren und dennoch leichteren der Dame ständig herausgefordert und zugleich bestätigt wurde, was ein ganz einheitliches, doch sehr lebendiges Musizieren ergab. Ehrlicher Beifall belohnte die beiden Künstler.

Jessye Norman (Sopran) widmete ihren Liederabend nach dem „Lamento der Dido“ von Purcell Gesängen von Debussy, Ravel, Gustav Mahler und Richard Strauss. Die stilistische und individuelle Verschiedenheit dieser vier Zeitgenossen der Generation um die Jahrhundertwende konnte nicht anschaulicher dargestellt werden als durch ein Nebeneinander ihrer Lieder: Die Verträumtheit Debussys, die Sehnsucht Gustav Mahlens, die spielerische Grandezza Ravels und das unbekümmerte Musikantentum Richard Strauss' als seelische und künstlerische Komponenten der gleichen Epoche erforderten natürlich äußerste Differenziertheit der Interpretation, die der Sängerun (vielleicht mit Ausnahme einiger Strauss-Lieder) fast zeichnerisch schön und klar gelang. Die breite, hochdramatische Stimme konnte (am vollkommensten allerdings in der Draufgabe: Hugo Wolfs „In dem Schatten meiner Locken“ zarteste Lyrik überzeugend vermitteln.

Trotz kleiner Schönheitsfehler war der Abend nicht zuletzt durch die großartig poetische Begleitung von Irwin Gage sehr schön.

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