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„Bonjour fadesse“ als Finale

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Nach dem unerwarteten Höhepunkt ihres Anfangs mit Milhauds „Christoph Kolumbus“ verfielen die Grazer Sommerspiele rapid und verendeten nun schließlich unauffällig nach vierzehn Tagen Dauer. Es ist zu hoffen, daß nach so vielen traditionellen Halbheiten endlich die Konsequenzen gezogen, die Sommerspiele durch einen fulminanten „Steirischen Herbst“ ersetzt werden.

Neben einer Reihe von Repertoireaufführungen in Oper und Schauspiel, deren attraktivste der von Rudolf Kautek inszenierte, in seiner unverkrampften Modernität außerordentlich gelungene „Faust I“ war, gab es auch eine österreichische Erstaufführung: „Die Verspätung“ von Wolfgang Hildesheimer kommt deshalb etwas verspätet nach Österreich, weil der absurde Tonfall dieses Stückes, den man aus soundsovielen Werken Becketts, Ionescos und anderer seit Jahren kennt, schon recht ermüdet. Und dann auch, weil dem einschlägigen Vokabular und dem üblichen Instrumentarium Neues oder Besonderes hinzugefügt wurde. Der merkwürdige Professor bei Hildesheimer wartet zwar nicht auf Godot, dafür aber auf den „Guricht“, einen hypothetischen Riesenvogel, der sich schließlich — genau wie die Botschaft in Ionescos „Stühlen“ — als vernichtende Enttäuschung entpuppt. Manche Pointen des Textes sind nicht übel, auch ist eine gewisse Spannung zu Beginn vorhanden; aber das Stück wird immer redseliger, je weiter es auf der Stelle tritt. Robert Casapiccola (Regie) und Ernst-Christian Schröder (Professor) haben indessen ein Maximum an Wirkung herausgeholt.

Der zauberhafte englische Park des Grazer Burggartens war der Schauplatz von Otto Zoffs Komödie „König Hirsch“ (nach Gozzi), die vor einem Jahrzehnt im Burgtheater sehr viel Erfolg hatte. In Graz verwandelte Helmuth Ebbs,dem diese Art von ironischer Romantik sehr liegt, den Burggarten mit seiner Inszenierung in einen wahren Märchenwald von freundlicher Rai- mundscher Grazie. Mehr ist über den unproblematischen, hübschen Abend nicht zu sagen.

Glücklicherweise fehlten auch heuer die Konzerte des Musikvereins nieht. Das. Wiener .Ensemble;

reihe" brachte Werke ihres Leiters Friedrich Cerha; Huguette Dreyfus und Renė Clemencic spielten im prachtvollen Rittersaal des Eggenberger Schlosses Sonaten und Suiten für Flauto dolce und Cembalo und für Cembalo solo von Händel. Das Wiener Ensemble „Musica da camera“,vor allem Eduard Melkus, leistete Hervorragendes. Der böhmische Barockmeister Ignaz Franz Biber, berühmtester deutscher Gei-

ger des 17. Jahrhunderts, hatte einige Zeit auch an der Eggenberger Hofkapelle gewirkt. Um so besser paßten seine „Sonaten zu Ehren der heiligen Geheimnisse des Rosenkranzes“ hierher. Diese „Sonaten“ sind nicht zu verwechseln mit der klassischen Sonate; sie sind eine Art Programmusik von Mariä Verkündigung bis zum Schutzengelfest, die sich in eine Reihe variationsreicher Abschnitte gliedert. Die meisten Sonaten sind mit Scordatur zu spielen, was wiederum eine reiche Skala von Klangfarben ergibt.

Im Konzert der Zagreber Philharmonie unter Milan Horvat gefiel dem Publikum Respighis „Fontane di Roma“ am besten. Geschmacklich unterboten wurden sie doch durch eine Orchesterfassung dreier Sätze aus der „Iberia“-Suite von Isaac Albėniz.Der so geschätzte Milan Horvat konnte d?. sein Prestige nur noch durch die „Variationen über ein Thema von Haydn" (op. 17) von Hans Erich Apostel retten, bei deren Wiedergabe dem nicht nur zum Genießen in den Saal gekommenen Zuhörer die Bedeutung dieses wichtigen Werkes zeitgenössischer österreichischer Symphonik bewußt wurde.

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