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Entdeckungen
Es hat lange gedauert, bis Tschaikowskys VII. Symphonie den Weg in den Westen fand. Damit hat es folgende Bewandtnis: Nach Vollendung seiner Fünften plante Tschaikowsky ein neues Werk: „Ich möchte furchtbar gerne irgendeine grandiose Symphonie schreiben, die der Abschluß meines Schaffens sein soll. Ein bestimmter Plan existiert schon lange in meinem Kopf. Ich hoffe, nicht zu sterben, bevor ich diese Arbeit erledigt habe.“
Er schrieb den Anfang nieder, notierte Themen, aber immer wieder kamen ihm andere Arbeiten dazwischen. Doch hat er diese Vorarbeiten nicht vernichtet, sondern Teile in einem Klavierstück op. 72 Nr. 10 sowie in seinem 3. Klavierkonzert verwendet. Auch hat er einen Klavierauszug des 2. (Andante) Satzes der Symphonie hergestellt. — Zuerst kam der russische Komponist Igor Gleboff auf den Gedanken, Tschaikowskys in den Jahren 1891 und 1892 entstandene Skizzen zu vervollständigen und die ersten 33 fertigen Partiturseiten herauszugeben. Aber erst in den Jahren 1951 bis 1956 hat Semjon Bogatirew, Professor am Moskauer Konservatorium, diesen Plan verwirklicht. Wie groß seine Zutaten sind, könnte nur nach genauem Studium des Materials festgestellt werden. Was wir in einem Konzert des Tonkünstlerorchesters unter der Leitung des israelischen Dirigenten Georges Singer im Rundfunk hörten, klang durchaus nach Tschaikowsky, wenn auch nach einem schwächeren, nicht sehr inspirierten. Der 1. Satz des knapp halbstündigen Werkes mit dem Titel „Allegro brillante“ frappiert durch ein festlich-elegantes Thema, das wirkungsvoll verarbeitet und gesteigert wird. Das choralartige Andante erinnert an den korrespondierenden Satz der 5. Symphonie. Das Scherzo ermattet bald, aber das Finale (Allegro maestoso) mit einem typisch tschaikowskyschen Effektthema hinterläßt einen authentischen, wenn auch nicht überwältigenden Eindruck. Zwar wird diese VII. Symphonie der in mehrfacher Hinsicht ehrwürdigen „Sechsten“ den Rang als Tschaikowskys letztes und bedeutendstes Werk nicht streitig machen können 1— aber es war interessant, dieses Produkt russischen Gelehrtenfleißes und traditioneller Tschaikowsky-Verehrung kennenzulernen. H. A. F.
Yehudi Menuhin, der dieser Tage zum Ehrenmitglied der Wiener Musikakademie ernannt wurde, führte mit seinem Festival Orchestra am 2. Abend im Konzerthaus Bachs d-Moll-Konzert für zwei Violinen und Streicher (BMV 1043), Haydns g-Moll-Symphonie (Nr. 83), Mozarts A-Dur-Violinkonzert (KV 219) und Benjamin Brittens „Variations on a theme of Frank-Bridge“ (op. 10) auf. Es war ein Triumph des großen Geigers wie des frischgebackenen Dirigenten, dessen außerordentliche Musikalität, dessen sensitives Empfinden und sicheren Geschmack jedem der Werke adäquate Gestaltung sicherte, mehr noch: ungewöhnliche Atmosphäre, erstaunliche Ausgeglichenheit. Höhepunkt war die Wiedergabe des Mozart-Konzerts, das er in strahlend heller, glanzvoller Ton-gebung, mit behutsamer Phrasierung zu einem Erlebnis gestaltete. R.
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