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Lachelnder Markuslwe

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Von der „Nacht in Venedig“ hat man bis zur Mitte der zwanziger Jahre, da noch die Operette blühte, 514 Aufführungen für Johann Strauß gebucht, von dem ein Jahr früher herausgekommenen „Bettelstudent“ Millöckers 4940. Jede Neuinszenierung hakte beim Libretto von Zell und Genee ein und versuchte dei Geist dieser Operette dort zu beleben, wo er aus der Individualität österreichischer und nicht venezianischer “Imwelt und aus der melodischen Linie der Musik ein^s Johann Strauß die eigentlichsten Kräfte zog. Die eben in der Volksoper dargebotene Neuinszenierung ging andere Wege; es waren weder die Buden des Rialto noch jene des Praters, sondern man sah in eine internationale, aus Elementen der Revue, der Show, des Films, des Plakatstils abgezogene Welt. Wohl lebte die Bühne mit der Inszenierung durch Otto Fritz, wohl schimmerte südliche Transparenz mit Hilfe geschickter Farbenwirkung und eines technisch ungemein bemühten Apparats, aber weder die Neuformung des Buches durch Fritz Eckhardt noch gar die musikalische Neufassung und Bearbeitung durch Karl Loube konnten befriedigen. Vor allem hat, und hier ist der Kern getroffen, die überaus selbstherrliche Art, mit der man mit der Musik umging, der Gesamtatmosphäre mehr geschadet als genützt (als ob man mit musikalischen „Neufassungen“ nicht schlechte Erfahrungen genug gemacht hätte!). Warum man beispielsweise die schöne Ouvertüre weggelassen hat, weshalb Musik aus anderen Werken mit Gewalt herzitiert wurde, weiß höchstens der Markuslöwe, und der ist aus Stein. Die Idee eines Theaters auf dem Theater und die mehr künstliche als künstle-riche Versetzung in die Vergangenheit gaben der Vorstellung szenisch und musikalisch den Rest.

Glücklicherweise hatte Walter H o e s s 1 i n mit seinen optischen Effekten nicht danebengegriffen, zeigten sich das Orchester mit Wilhelm L o i b n e r, der Chor und die Tanzgruppen (denen man eine phantasievollere Choreographie gewünscht hätte) ebenso auf der gewohnten Volk6opernhöhe wie die meisten der Solisten. Vor allem Esther Rethy, letzter echter Zuschnitt einer Operettendiva im Auftreten und in feinnuancierter Gesangslinie, frei von jeder billigen Effekthascherei, dann der anfänglich etwas schwache, später aber, vor allem im Spiel markante Rudolf Christ (Herzog); Sonja Mottl-Preger (Annina) löste die Aufgabe der Soubrette geschickt, Guggi Löwinger, Erich Kuchar und Wolfgang Zimmer schufen profilierte Typen. Der Beifall des Premierenpublikums war — nach der Zurückhaltung am Ende des ersten Teiles — schließlich, wie üblich, recht beträchtlich.

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