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Lugner, Ballett und Konzert

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In den Kämmerspteles des Linzer Ländestheaters wird 'öMrziSit Carlo Goldo-nis Charakterkomödie „Der Lügner“ aufgeführt. Dem Dichter kommt In der Entwicklung des europäischen Theaters als Kämpfer gegen die commedia dell'arte und für die Charakterkomödie nach dem Vorbild Molieres eine wesentliche Bedeutung zu. Verließ er doch eher seine geliebte Vaterstadt Venedig und ging nach Paris, als daß er seinen Kampf gegen die Stegreifkomödie und ihre Vorkämpfer Pietro Chiari und Carlo Gozzi aufgab. Die Linzer Aufführung wird vom Dramaturgen des Theaters, Dr. Fritzdieter Gerhards, auch regiemäßig betreut. Es wird keineswegs der Typus einer Charakterkomödie herausgearbeitet. Gerhards hielt sich offensichtlich an das Regieexperiment des Triestiners Giorgio Strehler, der Gol-dbnis „Diener zweier Herren“ am Mailänder Piccolo teatro als eine eindeutige Stilkopie der commedia dell'arte auf die Bühne stellte. Dieses Experiment wurde verschiedentlich nachgeahmt, aber wohl nirgends mit wirklichem Erfolg. Völlig unverständlich ist aber, warum die Regie den ehrsamen Kaufmann Pantalone und den Dottore, die natürlich karikiert zu denken sind, zu ausgesprochenen Tölpeln machte. Peter Schratt kann als Lelio seinem Temperament die Zügel schießen lassen. Manfred Jaksch ist ein springlebendiger Harlekin. Mit guten Leistungen seien genannt die Damen Buchegger, Alsen, Stefan und die Herren Oeser, Richter und Anger. Der Beifall der nicht auf Humor, sondern auf billigen Spaß abgestellten Aufführung, die Goldoni nicht gerecht wird, klang keineswegs begeistert.

Der letzte Linzer Ballettabend war in erster Linie eine Repräsentation des Zeitgenössischen. Cesar Bresgens in Braunschweig uraufgeführtes Ballett, „Das verlorene Gewissen“, erlebte in Linz seine österreichische Erstaufführung. Ballettmeister Jan Pierre Genet, der mit Ende dieser Saison Linz verläßt, konnte hier so recht die für ihn symptomatischen Gegenpole, das Arti-fizielle und Elementare, in Hochspannung bringen. Nicht zuletzt war der Erfolg auch den brillanten Tanzleistungen Barbara Müllers, einer Tänzerin mit Noblesse, schwebender Balance und natürlicher Koketterie und Genets zuzuschreiben. Bresgens vehemente Partitur zu diesem Ballett ist von echter Dramatik erfüllt und überzeugend in der künstlerischen Stilisierung. Das zweite Ballett, „Interplay“, hasiert auf gekonnter Unterhaltungsmusik Morton Goulds und wurde mit Ausschnitten aus einem Exercice, Sportplatzallüren und verblüffenden Affekten gedeutet. .Glazunows „Variations classiques“ gab die Möglichkeit, sich klassisch zu zeigen. Hier allerdings kamen die Grenzen und Schwächen des Ballettkorps zutage. Die Bühnenbilder Paul Strucks hatten viel theatralischen Ausdruck, die musikalische Leitung Leopold Hagers ließ keinen Wunsch offen, war zügig und gespannt. Der starke Schlußbeifall war wohl verdient.

Starke Begeisterung zeigten die Linzer für die Zagreber Philharmoniker, die Strawinskys „Feuervogel“, das Con-certino für Klarinette, Fagott und Streicher von Strauss und die 4. Symphonie von Tschaikowsky am Programm hatten. Horvats Interpretationsstil kannte die ruhigen, weit ausladenden Zeitmaße genausogut wie die überdimensionalen Steigerungen. Der Klangkörper besitzt gute Bläser, bedarf aber dennoch einer Intensivierung der Streicher, um ohne Bedenken als Orchester erster Güte bezeichnet zu werden.

Zum besonderen Ereignis wurde auch ein Konzert mit Bruckners HI. Symphonie und dem Doppelkonzert von Brahms unter Kurt WöB. Nicht geringer, nur von anderer Art war der Erfolg, den Gert und Ludwig Hoelscher — letzterer mit ganz persönlicher Substanz — sich erspielten. Am Erfolg war nicht unwesentlich das Linzer Landestheaterorchester beteiligt. Es gab betont herzlichen Beifall.

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