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Mäzene und Stars
Die New Yorker Musiiksaison 1969/70 hat, zumindest was Kammer- und Symphonische Musik anbelangt, einen recht erfreulichen Anfang genommen. Die Durchführung der Opernsaison ist leider immer mehr als fraglich geworden. Die Verhandlungen zwischen Administration und 14 Gewerkschaften werden immer wieder unterbrochen, und es ist fraglich, ob und wann eine Einigung erzielt werden wird. Somit konzentriert sich die Musikwelt für die renovierte, nunmehr nach sieben Jahren seit der Eröffnung endlich Auge und Ohr zufriedenstellende „Philharmonie Hall“. Dies ist an erster Stelle dem deutschen Akustiktechniker Heinrich Keilholz zu verdanken, der klangabsorbierendes Holz und eine bessere Anlage für die Klangverteiler (von der Decke hängend) anbrachte. Die Musiker erklärten begeistert, daß sie nun in der e seien, einander zu hören, und sowohl Dirigent wie Zuhörer scheinen vom Ergebnis durchwegs befriedigt.
Der Kostenaufwand war erheblich, aber neben dem reineren Genuß fürs Ohr hat der Besucher der N. Y. Philharmonie nun auch etwas fürs Auge. Die Stühle wurden mit rotem Samt bezogen, die Gänge dazu passend ausgelegt und auch die Wölbungen der neuen Decke geben dem Saal mehr Feierlichkeit. Am Eröffnungsabend stand nicht mehr der ruhmreiche Leonard Bernstein auf dem Podium, sondern ein junger Mann aus Japan, Seiji Ozawa, der seine steil aufsteigende Karriere schon angetreten hat. Der neueste und letzte Komplex der nunmehr im „Lincoln Center for Performing Arte“ eröffnet wurde, ist jener der Julliard School of Music —
die schon bei einigen Spaßvögeln den Namen „Julliard Hilten“ erhalten hat. Zu einem Fest wurde die Einweihung des Konzertsaales für Kammermusik (Fassungsmöglichkeit 1100 Personen), der nach seiner Gründerin „Alice Tully Hall“ genannt ist. Diese Mäzenin, in Corning, New York, geboren, war in jungen Jahren Sängerin, die sich hauptsächlich auf französische Lieder spezialisierte. Sie studierte in Paris bei Jean Perier (der die Rolle des Peleas kreierte) und trat auf mehreren europäischen Bühnen auf. Alice Tullys finanzieller Unterstützung verdankt das Spoleto Festival von Giancarlo Menotti die regelmäßige Durchführung der Kammermusikzyklen, die sich als so erfolgreich erwiesen haben. Nun hat sie ihren lang gehegten Wunsch: die Gründung einer Gesellschaft für Kammermusik im Lincoln Center, verwirklicht. Die Gesellschaft, deren künstlerischer Leiter Pianist Charles Wadsworth ist, verfügt über einen Nukleus prominenter Instrumenta-listen und wird in der Aufstellung der Programme sowohl den Werken der klassischen wie auch der zeitgenössischen Kammermusik zu gleichen Teilen gerecht Von Architekt Pietro Belluschi und Heinrich Keilholz geschaffen, hat der mit Lindenholz getäfelte Saal Spannteppiche und Sitzbezüge, die durch ihre von himbeer zu lila getönten Farben vornehm und dabei doch warm wirken. Die leicht ansteigenden Parkettreihen haben genügend breite Zwischenräume, die vorderen Reihen sind zur Schaffung eines Orchestergrabens versenkbar. Zum gelungenen Dekor gehört eine klare Akustik mit äußerst warmer Resonanz.
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