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Manchmal überfordert

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In sechs großen Orchesterkonzerten der Wiener Symphoniker wurde im Rahmen der diesjährigen Bregenzer Festspiele Beethoven geehrt. Die Veranstaltung einer solchen Konzertreihe war für Bregenz eine Novität. Das Programm: die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, die neun Symphonien, das Violinkonzert, drei Klavierkonzerte und die Missa solemnis. Die Wiener Symphoniker als Bregenzer Festspielorchester hatten damit eine künstlerische Aufgabe erhalten, die es sich seit langem wünschte. Die Disposition des Orchesters war in den einzelnen Konzerten verschieden. Man erlebte Abende, an denen das Orchester mit äußerster Disziplin und Konzentration seine klanglichen Qualitäten entfaltete. Manchmal schienen die Musiker überfordert, wenn beispielsweise zwei große Symphonien und ein Instrumentalkonzert auf dem Programm eines Abends standen.

Josef Krips leitete alle sechs Abende, wodurch eine einheitliche Linie der Interpretation vorgezeichnet war. Mit künstlerischer Impulsivität und mit der befreienden Kraft seiner lebendigen Gestik baute Krips die innere Struktur der einzelnen Werke klar und plastisch auf. Tempi, Dynamik und Klangfarben dienten seiner ganz uneitlen Auffassung der Musik, Künstler von Format waren die Interpreten der Instrumentalkonzerte. Nathan Milstein spielte beim Eröffnungsabend Beethovens Violinkonzert mit geigerischer Perfektion. Bei den Klavierkonzerten konnte man den Interpretationsstil von drei Pianisten der Wiener Schule kennenlernen, die — so grundverschieden sie spielten — alle drei technisch ihren Part souverän beherrschten. Neben dem überschäumenden Temperament von Walter Kliens Interpretation hörte man das reife, fast abgeklärte Spiel von Jörg Demus und die sensible, hochmusikalische Phrasierung von Alfred Brendel. Für die Aufführung der Missa solemnis und der Neunten stand der Chor des Singvereines der Gesellschaft der Musikfreunde Wien zur Verfügung. Bestens vorbereitet durch Helmuth Froschauer, bildete dieser Chor mit seiner Homogenität und seine exzellente Vollkommenheit ein Instrument in der Hand des Dirigenten, das mit Sicherheit und Präzision seine Aufgabe erfüllte. Aus vier markanten Sängerpersönlichkeiten bestand das Solistenquartett mit Wilma Lipp, Margarita Lilowa, Peter Schreier und Walter Berry. Der Beethoven-Zyklus hat den Bregenzer Festspielen in ihrem Jubiläumsjahr künstlerisches Gewicht gegeben. Zugleich aber hat die Konzertreihe Hunderten von Menschen in Vorarlberg und im Bodenseeraum die Möglichkeit geboten, Beethovens Werke „life“ zu erleben.

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