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Schmidt-Oratorium und Brahms

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Die anläßlich der Uraufführung (1938) vom Komponisten geschriebene kurze Einführung in sein Werk war diesmal im Programm dankenswerterweise abgedruckt. Sie erhöht durch ihre klare Gliederung des Stoffes Bereitschaft und Aufmerksamkeit des Hörers beträchtlich. Der äußeren Konzentration der Kräfte (Wiener Symphoniker, Wiener Singakademie, Ernst Haflinger — Johannes, Laurence Dutoit, Gertrude Jahn, Werner Krenn, Tugomir Franc als Solisten und Kurt Rapf an der Orgel) entsprach die vom Dirigenten Anton Heiller ausstörmende innere Spannung, die eine ebenso klare und sichere Disposition der einzelnen Abschnitte als über dem Ganzen jene sakrale Atmosphäre schuf, von der aus das Verständnis des Werkes überhaupt beginnt. Die stilvolle Gestaltung der Partie des Johannes durch Ernst Häfliger, der schöne, weiche Tenor von Werner Krenn sowie die Leistung Kurt Rapfs, der nicht nur einen immens schwierigen Orgelpart, sondern auch eine schwer zu behandelnde Orgel beherrschte, möchten wir besonders hervorheben, und nicht weniger die Leistung des Chores, der kleine rhythmische Schwankungen durch sehr saubere Intonation und durch die Frische und Homogenität der Stimmen wettmachte. Das Orchester ließ sich durch die intuitive Führung des Dirigenten zu exaktem Spiel inspirieren und zu jenem Aufschwung, der zum steilen Gipfel des großen Halleluja führt,

darin die Orgel alle Stimmen in sich vereinigt.

Schwerpunkt des 8. Konzerts im Zyklus „Die große Symphonie" war das I. Konzert für Klavier und Orchester op.15 von Brahms — und innerhalb dieses Werkes der von Jerome Rose gespielte Klavierpart. Dieser hierorts unbekannte, etwa 30jährige Amerikaner, groß, schlank, von kräftig-sportivem Typ, erwies sich nicht nur als hervorragender Pianist, sondern speziell auch als einfühlsamer, den besonderen Stil dieser zugleich zarten und kraftvollen, stürmischen und kunstvollen Musik sicher treffender Interpret. Zwischen dem Solisten, dem Dirigenten Wolfgang Sawallisch und dem Orchester (Wiener Symphoniker) bestand übrigens das beste künstlerische Einvernehmen. Um Jerome Rose mögen sich unsere konzertveranstaltenden Gesellschaften weiterhin kümmern, obwohl auch an pianistischem Eigenwuchs kein Mangel ist... Die eingangs gespielte Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“ von Mendelssohn ist der kaum begreifliche Geniestreich eines Siebzehnjährigen, sowohl was die Umsetzung poetischer Stimmungen, Szenen und Figuren in Musik wie auch was die Technik der Komposition und der Instrumentierung betrifft. Wir haben dieses Stück schon brillanter und poetischer gehört. — Den 2. Teil des Konzerts bildete Richard Straussens spektakuläre und ausgedehnte Selbstdarstellung „Ein Heldenleben“ — kein guter Tausch gegen die angekündigte IV. Symphonie von Mahler. Aber man muß die Feste feiern wie sie fallen, und so feierte der Kritiker an diesem Abend die Bekanntschaft mit einem interessanten, talentierten Pianisten und einem amerikanischen Brahms-Spieler von hohen Graden.

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