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Nachfestliches Salzburg

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Sicherlich ist es schwer für eine Provinzstadt, die einen Monat lang Mittelpunkt der künstlerischen Welt geworden war, sich wieder auf sich selbst zu besinnen und ihr eigenes Kunstleben im Theater und auf dem Konzertpodium so zu gestalten, daß von neuem ein schönes Niveau erreicht wird. Salzburg hat sich, wie das bereits die ersten Wochen der Saison 194950 erweisen, mit sachlichem Ernst dieser schwierigen Aufgaben zugewandt. Das Theater hat heuer der langjährige Dramaturg des Deutschen Volkstheaters in Wien, Otto Emmerich Groh, übernommen, der sich auch als Dramatiker in Österreich einen Namen zu machen verstand. Er hat sich gute Kräfte des deutschen und österreichischen Theaters und eine Reihe bekannter Regisseure als Gäste verschrieben. Daneben wurden zu Gastspielen bereits vor Monaten Emil Jan- nings, dessen Wiederauftreten auf der Bühne in der Hauptrolle des „Richters von Zalamea“ erwartet wird, Werner Krauß und Käthe Dorsch eingeladen. Den Reigen dieser Gastspiele eröffnete Hans Jaray als Kaiser Franz Joseph in Fritz Kreislers zügigem Singspiel „Sissy“. Als Partnerin stand ihm zuerst Marianne Schönauer gegenüber, die eine tatsächliche Ähnlichkeit mit der jungen, schönen Elisabeth aufweist. Den Aufklang richtig österreichischen Theaters gab Groh seinem Theater mit einer gutgemeinten, aber leider, im ganzen gesehen, wenig vorteilhaften Aufführung von Raimunds „Bauer als Millionär“. Einen weiteren Schritt auf der Bahn des großen Welttheaters tat Groh mit einer immerhin respektablen Aufführung des Shakespeare- selten „Hamlet“. Freilich hätte diese Aufführung viel später kommen müssen, weil das neue und alte Ensemble dann gefügiger auf einen gemeinsamen Nenner hätte gebracht werden können. Dieser gemeinsame Nenner hätte hier eventuell der Regisseur des Abends sein können.

Im Konzert gab es bereits einigt sehr ernst zu nehmende Abende. So leitete Josef Krips das erste Symphoniekonzert mit dem leider in seinem Bestand äußerst bedrohten Mozarteumsorchester. Nach der etwas rasch, doch sauber musizierten Jupiter- symphonie Mozarts spielte Paul Schil- hawsky, der als Pianist mit Recht immer mehr an Boden gewinnt, diskret und gefühlvoll Schumanns Klavierkonzert. Mit Elan führte Krips zum Schluß seine ihm willig folgenden Musiker in der Vierten von Brahms zu dem polyphonen Aufblühen dieses reichen Werkes. Gertrude Pitzinger, die hier lange nicht mehr gehörte vorbildliche Konzertsängerin, gab einen in seiner Zusammenstellung geschmackvollen Liederabend, der vornehmlich Kompositionen Goethescher Gedichte und Schumanns „Frauenliebe und Leben“ aufwies. Mit den schwierigen Wilhelm -Meister - Liedern Goethes in der Vertonung Hugo Wolfs ließ die Künstlerin vollendete Gesangkultur und hohes Auffassungsvermögen zu bewunderter Einheit werden. Winfried Wolff hatte einen Klavierabend hauptsächlich auf Streiflichter durch das Schaffen Chopins gestellt und dazwischen Schuberts „Wandererphantasie“ erklingen lassen. Den ersten Kammermusikabend bestritt das Schneiderhan-Quartett mit einem frühen Beethoven- Streichquartett und, nicht sehr originell, mit dem gerade an seinem Kammermusikabend während der Festspiele gebrachten „Forellen-Quintett" Schuberts, in welchem Paul Schilhavsky neuerdings als qualifizierter Pianist mitwirkte. Dvoraks Es-dur-Quartett bildete inmitten der beiden anderen Kompositionen einen erquicklichen Einschub, der von Schneiderhan und seinen Partnern brillant und mit sichtlichem Vergnügen musiziert wurde.

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