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Vergebliche Wiederbelebung

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Der Versuch, mehr oder minder verschollene Opemwerke aus der Versenkung zu holen, in die sie die Geschichte nicht immer ganz unverdient hatte sinken lassen, ist eine ehrenwerte und manchmal sogar erfolggekrönte Tat. Im Falle von Donizettis „Favoritin“, der die Grazer Oper kürzlich neues Leben einzuhauchen sich bemühte, waren die angestrengten Versuche, das Werk einem heutigen Publikum schmackhaft zu machen, leider vergebens. Zwei Momente sind dafür ausschlaggebend: einmal das Libretto von Scribe, das durch seine kaum mehr erträgliche Lächerlichkeit auch den gutmütigsten Opemfan herausfordert und gegen das auch die zeitweise in schönstem Beicanto strömende, aber auch nicht mit lauter Glanzlichtem gesegnete Musik nichts ausrichtet; und dann bedürfte es zur wirkungsvollen Wiederbelebung dieser Opera šeria eben der außergewöhnlichen stimmlichen Leistungen — und die kann die Grazer Oper derzeit nicht oder nur teilweise bieten. (Hilde Roser war überfordert, ein jugoslawischer Gasttenor ziemlich schwach, und so blieb nur die prächtige Gesangsleistung des Baritons Hans Helm.) Regisseur Wolfgang Weber versuchte die Löcher im Geschehen durch ausgewogene Gruppierungen und große, zeremonielle Gesten zu stopfen, was indes manchmal etwas gezwungen wirkte; hinreißend schön allerdings — ein Erlebnis für sich — sahen sich die Dekorationen Wolfram Ska- lickis an. Aber ein ideales Bühnenbild macht noch keine erfolgreiche Oper...

Der Ballettabend bot ein buntes Programm: eine ziemlich schlecht und unpräzis getanzte „Kleine Nachtmusik“, deren bester Teil die sauber exekutierte Musik (Dirigent Edgar Seipenbusch) war, dann konventionelle BühnetnfolMore mit zehn Slawischen Tänzen von Dvorak. Weit interessanter aber war der Mittelteil des Abends. Da gab es zunächst als Rarität Monteverdis dramatische Kantate „II combattimento di Tancredi e Clorinde“ nach einem Text von Tasso. Die von Malipiero bearbeitete Musik wurde von mehreren Gesangssolisten wiedergegeben, während auf der Bühne zwei Tänzer den ziemlich lange dauernden Kampf des christlichen Helden mit der geliebten sarazenischen Heldin als Pantomime vorführten. Mit viel Beifall aufgenommen wurde sodann die Uraufführung des Tanzspiels „Jagd“ des Grazer Akademiepräsidenten Erich Marckhl. Die vier Sätze sollen „die Ängste des seinem Getriebensein ausgesetzten Menschen darstellen“. Allerlei surreale Nachtfiguren plagen gemeinsam mit einem eigens vorgesehenen „Quäler" den Haupttänzer, der schließlich dem Anstrum von Robotern und anderen phantastischen Personifikationen seiner Angstneurose erliegt. Die Musik ist herb, kantig, rhythmisch ungewöhnlich packend, leidenschalt- lich — für ein Ballett also vorzüg lich geeignet. Die Choreographie Fred Martenys verlangte das Äußerste von den Solisten und der Gruppe. Der einzige negative Punkt des Werkes ist eine gewisse Banalität und Vordergründigkeit im allegorischen Geschehen.

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