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Zwei Messen — zwei Konzerte

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Ist der Kirchenmusik durch eine litur-gisdie“ Aufführung von Mozarts Großer Messe in c - m o 11 (K. V. 427) so gut wie kein Dienst erwiesen, da eine solche über ein „liturgisches Konzert“ (um bei der liturgiefremden Terminologie zu bleiben) nicht hinauskommt, so stellte die Aufführung dieses Werkes im Konzertsaal ein spannendes Erlebnis und eine willkommene Bereicherung der nicht allzu vielfältigen oratorischen Programme dar. Das in Kantatenform geschriebene, durchaus konzertante, übrigens Torso gebliebene Werk, dessen Musik schon zu Momarts Zeit ganz andere Texte unterlegt wurden (und teilweise besser passen moditen), gibt durch ihre noch völlig unvermittelt heterogenen Stilelemente einen hoch interessanten Einblick In Mozarts Entwicklung, Sie ist der erste Niederschlag seiner intensiven Beschäftigung mit J. S. Bach, deren letzte Auswirkung in der wundervollen Einheit und Erhabenheit des „Requiem gipfelt. Der Vergleich mit letzterem stellt das Werk der c-moll-Messe stilistisch, ausdrucksmäßig und liturgisch auf den ihr zukommenden Platz einer gewaltigen Studie. Das bedeutet bei Mozart allerdings eine Fülle genialer Einfälle, kühner Kombinationen (etwa der Dissnnanz-behandlung) und zauberisch schöner Musik, die Clemens Krauß mit den Symphonikern, dem Staatsopernchor und einem erlesenen Solocruartett, dem durch Hilde Güdens knabenhaft schlanke Stimme sakrale Tönung gelang, in einer Wiedergabe, die an Exaktheit und Ausgewogenheit nichts zu wünschen ließ, zu fast premierenhaft festlicher Wirkung brachte. —

Anders liegen die Dinge bei konzertanter Aufführung einer kleinen, für den kirchlichen Gebrauch komponierten Messe. F i a n z Schuberts Messe 1n G-dur, die „liturgischeste“ seiner Kirchenmusiken, hat weder symphonischen noch oratorisdien Ehrgeiz und bleibt stets irgendwie Fragment, sobald sie dem Gottesdienst entzogen wird. Dies erwies sich überzeugend durch die Aufführung im. Mozartsaal unter Paul Sacher (Symphoniker, Singakademie, mit Seefried, Meyer-Welfing und Wiener als Solisten), deren - Wirkung trotz größerer Besetzung und blitzsauberer Wiedergabe die einer kirchlichen nicht zu erreichen vermochte, was weniger gegen die Ausführenden als für das Werk spricht. Es fehlten eben die liturgischen Voraussetzungen, auf denen es beruht und sich entfalten kann. Messen wie diese sollten den Kirchenchören vorbehalten bleiben, für die sie geschrieben sind und die sie zumindest in dem Sinne vollkommener interpretieren, als die gottesdienstliche Wiedergabe eines gottesdienstlichen Werks seine höchste bleibt.

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