Drei Winter - © Foto:  © Matthias Horn

„Drei Winter“ von Tena Štivičić: Ansichten einer Familie

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Mit großem Ensemble und feinen Nuancen inszeniert Martin Kušej das Familienepos „Drei Winter“ von Tena Štivičić im Burgtheater. Über viele Jahrzehnte und vier Generationen hinweg werden darin die Lebensentwürfe und (enttäuschten) Hoffnungen einer Familie seziert.

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Mit großem Ensemble und feinen Nuancen inszeniert Martin Kušej das Familienepos „Drei Winter“ von Tena Štivičić im Burgtheater. Über viele Jahrzehnte und vier Generationen hinweg werden darin die Lebensentwürfe und (enttäuschten) Hoffnungen einer Familie seziert.

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Wer sagt, die Geschichte von „Drei Winter“ sei schnell erzählt, hat recht. Und wer sagt, man brauche erst gar nicht zu versuchen, diese Saga in wenigen Sätzen nachzuerzählen, hat es auch. Und vielleicht liegt gerade in dieser Unentscheidbarkeit die Stärke dieses vielfach ausgezeichneten Stücks ‒ u. a. erhielt es den Preis für das beste europäische Stück am Heidelberger Stückemarkt 2008 ‒, dass es einfach und vielschichtig zugleich ist.

Die 1977 in Zagreb geborene und heute in Glasgow lebende Dramatikerin und Drehbuchautorin Tena Štivičić führt in „Drei Winter“ durch die wechselvolle Geschichte ihrer kroatischen Heimat. Sie tut das, indem sie die schicksalhafte Geschichte einer Familie über fast sieben Jahrzehnte ausbreitet. Anhand von drei historischen Schlüsseldaten ‒ Winter 1945, am Ende des Zweiten Weltkriegs, 1990, am Vorabend des Zerfalls von Jugoslawien, und 2011, als Kroatien gerade den Beitritt zur Europäischen Union besiegelt hat ‒ beleuchtet sie die Traumatisierungen und Prägungen der einzelnen Protagonisten im Lauf der Geschichte, aber auch deren wiederholte Aufbrüche, Lebensentwürfe und (enttäuschten) Hoffnungen.

Durch Zeiten, Gefühle und Hoffnungen

Der Regie von Martin Kušej, der „Drei Winter“ jetzt im Burgtheater in Szene gesetzt hat, ist anzumerken, dass ihm das Epos, in dem vor allem die starken Frauenfiguren beeindrucken und die Männer zu denken geben, eine Herzensangelegenheit ist. Und der Kärntner Slowene rührt nicht nur mit großer Kelle an, er inszeniert die Familientreffen mit den fein geschriebenen Dialogen und einem groß aufspielenden Ensemble nuanciert und sehr genau.

Annette Murschetz hat ihm auf der Drehbühne des Burgtheaters zwei identische Grundrisse jener Wohnung geschaffen, in der sich als Brennpunkt das launische Schicksal der Familie Kralj über die Jahrzehnte und vier Generationen hinweg entfaltet. Nur die wohl als Metaphern gedachten Verfremdungen wollen nicht recht zünden. So ist der Boden mal mit zerbrochenem Porzellan bedeckt, über den die Darsteller mühsam stapfen, mal mit welken Maispflänzchen übersät oder mit (Theater)Schnee bedeckt, in dem sich das Ensemble wälzt.

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