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Einakterrevue
Nach Sartres „Troerinnen des Euri-pides“ (rühmenswert), den „Helden“ von G. B. S. (unzulänglich) und Feydeaus „Der Damenschneider“ (amüsant) war das Klagenfurter Stadttheater mit einem Studio-Einakterabend gekommen, dem Qualität und Mut nachzurühmen waren: Kurt Beneschs „Akt mit Pause“ hatte sich als eindrucksvolle österreichische Erstaufführung erwiesen. Ihm war es um die Sensationslust einer im Wohlstand verkommenden Gesellschaft gegangen, das Sterben eines Strahlenverseuchten in allen Einzelheiten gegen Entree zu erleben. Er erhob bittere szenische Anklage, bewies aber auch die Stärke, sich handfesten Theaters zu bedienen und Rollen zu geben. Die Reaktion der vier Neugierigen enthält Möglichkeiten, die sich noch steigern ließen, als sich herausstellt, daß alles nur gespielter Todeskampf war, mit dem Dollars zu machen sind. Daß dann ein wirklich auf den Tod Kranker aus Hiroshima erscheint, der erfuhr, daß man hier in Frieden sterben
kann, setzt die makabre Pointe in diesem Stück, das die Regie Herbert Kuceras zum Erfolg führte. Kucera war auch dem zweiten Einakter, dem „komischen Drama“ Eugene Ionescos „Die Unterrichtsstunde“, ein souveräner Sprach- und Sachwalter, wobei er allerdings das Glück hatte, in Horst Eder einen Professor von Graden und Gnaden zu besitzen, der diesen buchstäblichen Mordsspaß für die Zuhörer, die leider in den Wiederholungen vor Ionesco durchfielen, zum Erlebnis machte. Wie er da aus scheinbarer Sinnlosigkeit mathematischer und sprachkundlicher Uberspitzthei-ten den Text „ans Messer“ lieferte und die 40. Schülerin (Miriam Dreifuss) abtat, war ein Kabinettstück schauspielerischer Fähigkeiten. Darnach war mit ,J)avor“ wenig Ruhm zu ernten, weil Rainer Artenfels, sehr exakt inszenierend, das Stück durch übermäßiges Streichen so sehr ent- und verfremdet hatte, daß es nur noch bedingt von Günter Grass war. Und auch der als Regie-
einfall eingebaute Schluß „Nun sind Sie enttäuscht!“ war keinesfalls dazu angetan, ein „Nein!“ zu provozieren. Das In- und Gegeneinander der Worte, Sätze, Erwägungen und Sentenzen kam zwar auf der vielschichtigen Bühne recht präzise und von den ehrlich bemühten Darstellern sachlich gebracht, ließ aber doch im wechselnden Spiel der Scheinwerfer die Zuschauer ermüden und zum Teil „örtlich betäubt“ erscheinen. Der Schlußbeifall galt wohl in erster Linie dem Spiel. In ihm war Hanns Eybl (Studienrat Starusch) der Protagonist, der im Zahnarzt Ernst Soelden den zynischen Raisoneur besaß. Wie dem auch sei, ein hartes Brot und schwieriges Unterfangen, dem Klagenfurter Publikum mit Generationskonflikten und ideologischer Kost zu kommen.
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