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Liedgesang der Primadonnen

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Dragica Martinis ist zunächst in der großen Arie noch besser daheim als im kleinen Bogen des Liedes, obgleich ihr in volkstümlichen Liedern ihrer Heimat eine ausgezeichnete Leistung gelang, darin der dem Liede so unabdingbare Unterton des Gemüts wie eine heimliche Glocke schwang. Groß und weitgespannt wie ihre Stimme war ihr Programm, das die junge Sängerin auch als Sprachenkünstlerin zeigte, wobei die klare Solmisation des Deutschen angenehm auffiel.

Elisabeth Schwarzkopf holte sich mit ältesten Schlagern der Opernliteratur ihren ersten, mit einem gewählten Liederprogramm, das manche Kostbarkeit bot, ihren zweiten Riesenerfolg. Die altenglischen Lieder von Purcell, Arne und Dowland zumal waren ein beglückendes Erlebnis. Mit „Komm, lieber Mai“ fanden wir Mozart zwar mager, mit „Einem Bach, der fließt“ Gluck recht billig vertreten, wie denn das Programm weniger nach musikalischen Werten als nach Gelegenheit zu stimmlicher Wirkung aufgebaut war, was 6ich auch in der Auswahl französischer Gesänge erwies (Bizet und Reynaldo Hahn anstatt beispielweise Debussy, Ravel, Martin, Capdevielle usw.). Blieb so die künstlerische Bedeutung des Programms hinter jener der Sängerin zurück, so kann, was die Wiedergabe betrifft, als Beispiel gleicher Qualität nur George London angeführt werden. Schönheit und Durchbildung der Stimme, Atmungsund Solmisationstechnik, Sprachenbeherrschung und Textbehandlung sind schlechthin vollkommen und als ebenso muß die Klavierbegleitung Max Kojetinskys bezeichnet werden.

Dagmar Hermanns Liedkunst vermochte sich an einem bedeutenden Programm, das über Brahms und Dvorak zu Mahler und Marx führte, sowohl in gesanglicher Leistung als in gedanklicher Deutung überzeugend zu bewähren. Ihre Stärke liegt in stilistischer Ausgewogenheit und dramatischer Differenzierung, die allerdings in höheren Lagen nicht immer nach Wunsch gelingt. Das Zyklische ist ihrem großhnigen Vortrag gemäßer als das Einzellied, wie sie in der besonders feinen Gestaltung der „Lieder eines fahrenden Gesellen“ von Mahler bewies, an der Eric Werbas kultiviertes Klavierspiel wesentlichen Anteil hatte. Mit vier Liedern von Joseph Marx, vom Komponisten persönlich begleitet, ereang sie sich und dem Meister des spätromantischen Liedes einen großen und verdienten Erfolg.

Ljuba Welitsch widmete ihren Liederabend dem Zyklus „Lieder der Geisha O-sen“ von Franz Salmhofer. Auch hier begleitete der Komponist. Zu achtzehn feinen und zarten, auch in ihrer Leidenschaft verhaltenen Gedichten (als Nachdichter zeichnet Klabund), ist hier eine teils lyrisch subtile, teils dramatisch bewegte Musik geschrieben, die aber im ganzen doch der Spannung sowie des Profils entbehrt und den Zyklus dadurch als zu lang empfinden läßt. Ljuba Welitschs zumeist auf dynamischen Gegensätzen beruhende Gestaltung gewann dem Werke einen ansehnlichen Erfolg, 6ich selbst aber den größeren.

Henri Honegger (Genf) zeigte an seinem Celloabend straffes, exaktes Musizieren„ sauberste Beherrschung des Instruments und der Bogenführung und eine von sicherem Intellekt bestimmte Stilkenntnis, die ihm einem großen Programm von Couperin bis Bartök gerecht werden ließ. Seine sehr genaue Wiedergabe der a-moll-Sonate Franz Schuberts (Arpeggione) stand dennoch in bemerkenswertem Gegensatz zu dem Spiel Enrico M a i n a r d i s, unter dessen Händen das gleiche Werk weniger akademisch, doch um so lebensvoller aufblühte, eine kleine Blume der Romantik.

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