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Zauberflöte und Musical

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Die Aufführung der „Zauberflöte“ am vergangenen Donnerstag in der Staatsoper wurde auf den Plakaten und im Programmheft mit Recht als „Neueinstudierung“ — nicht als „Neuinszenierung“ — bezeichnet, denn es handelt sich um eine Übernahme, beziehungsweise Adaptierung jener Produktion, mit der Anfang Juni 1962 das restaurierte „Theater an der Wien“ eröffnet wurde. Die märchenhaft-einfachen und unprätentiösen Bühnenbilder von Schneider-Siemssen und die Kostüme von Charlotte Fleming, für den intimeren Raum des Theaters an der Wien geschaffen, lügen sich, mit einem breiten barocken Rahmen versehen, überraschend harmonisch auch ins große Haus am Ring, und auch Rudolf Hartmanns Regie bewährt sich bestens. Damals wie jetzt fallen die Betonung des Guckkastencharakters der Bühne sowie einige barocke Stilelemente auf, etwa, daß Sarastro auf einem prächtigen Wagen im Hintergrund der Bühne erscheint, daß einer der beiden steinernen Löwen mit lichtfunkelnden Augen blitzen darf, daß die beiden Geharnischten durch mächtige, bühnenhohe Statuen ersetzt sind, die Dekorationen herab- und empor-schweben und anderes mehr. Nur der Wasser- und Feuerzauber ist allzu technisch geraten und entspricht nicht ganz dem Gesamtstil, den man — unter den vielen möglichen Arten, dieses tiefsinnig-naive Zauberspiel zu inszenieren — gutheißen kann. Der Held des Abends und der vielfachen Bewährungsproben war Fritz Wunderlich, ein Künstler auf der Höhe seines Könnens und einer der ganz wenigen echten deutschen Belcantisten (Im Theater an der Wien sang seinerzeit Nicolai Gedda die Partie). Ihm zur Seite, gleichwertig im Wohllaut der Stimme, in Spiel und Ausdruck, Wilma Lipp als Tamina, die — wie Erich Kunz, Grazielle Sciutti und zwei von den drei schönen Damen der Königin — auch bei der Eröffnungspremiere mitgewirkt hatte. Neu war Lucia Popp, Im Stlimmvolumen als Königin der Nacht ein wenig überfordert und bei den Spitzentönen ihrer halsbrecherischen Koloraturen vom Glück — das man ja dabei haben muß — im Stich gelassen. Wenig befriedigend, weil stilistisch unentschieden, alles Gesprochene — mit Ausnahme natürlich des Parts von Erich Kunz. Josef Krips erwies sich wieder einmal als der Zauberflöten-Dirigent, trotz vieler Substituten im Orchester — das ja eigentlich gar-nicht in Wien, sondern in Südamerika auf Turnee war.

Zum 150. Mal — ein seltenes Jubi->äum! — spielte man am vergangenen Wochenende in der Volksoper Cole Porters Musical „Kiss me, Kate“, das seinerzeit Dr. Marcel Prawy nach Wien gebracht und für die Volksoper neu textiert hat. Die ebenso turbulente wie straffe Regie von Heinz Rosen ist genauso intakt, wie der größte Teil des seinerzeitigen Premierenensembles. Charmant wie eh und jeh Fred Liewehr, eine Freude zu sehen und zu hören Sonja Mottl, die inzwischen aus dieser ursprünglich shakespearschen Katharina eine Bombenrolle kreiert hat, reizvoll und ungeheuer routiniert Olive Moorfield, fesselnd auch der wichtigste neue Mann: Kenneth Roudett aus Trinidad (an Stelle von Dilworth, der nicht mehr spielt und singt, sondern in der Zwischenzelt Manager geworden ist), als Garderobier Paul und Anführer der großen Tanzorgie zu Beginn des 2. Akts. In guter Form das Orchester unter Heinz Lambrecht nicht ganz so interessant wie noch vor zwei Jahren das Ballett. Im Ganzen: die amüsanteste und luxuriöseste Aufführung, die man gegenwärtig in Wien sehen kann. (Luxuriös nicht in bezug auf die Eintrittspreise, denn die sind ganz normale Volksopernpreise, sondern was den Aufwand an Kostümen, Kulissen und Personal betrifft, mit denen dieses Erfolgsstück ausgestattet ist.)

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