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An Karl N.
Lieber Karl Navratil, es ist schon arg, daß ich immer noch nicht sicher bin, ob in der Mitte Deines Nachnamens ein v oder ein w steht. Offenbar habe ich Dir nicht oft genug schreiben müssen.
Und aus Deinem Namenszug unter den vielen, vielen Briefen und Aussendungen, die Du an uns, Deine „lieben Kolleginnen und Kollegen“ im Laufe Deiner langjährigen Amtszeit als Obmann des Betriebsrates des künstlerischen Personals des Burgtheaters gerichtet hast, war das v beim flüchtigen Hinsehen nicht immer klar zu erkennen.
Wir wußten allerdings schon beim Großbuchstaben N und beim energischen Schwung des „Karl“, daß wir den Text Deiner Mitteilungen aufmerksam zu lesen hätten. Oft genug haben wir’s nicht getan, und Du wirst Dich geärgert haben über das nachlässige Schauspielervolk, das Deine Mühen nicht zu schätzen weiß und sich Schriftliches lieber von Dir persönlich — mündlich — erklären läßt. Wieder und wieder. Du hast Engelsgeduld bewiesen.
Aber Du kanntest uns, besser, als das manchem von uns vielleicht lieb war, und hast es uns nie wirklich nachgetragen, daß der Begriff Solidarität für uns höchst selten kein Fremdwort war.
Ich weiß nicht allzuviel über Deine tagtäglichen Sorgen mit uns, dem Ensemble der Burg, diesem merkwürdigen, lose-festen Verband von Individualisten und solchen, die es werden wollen. Ich kann sie mir aber sehr gut vorstellen. Ich weiß nur, daß die Arbeit Deines Lebens diesem Ensemble gegolten hat, von dem Du Dich in diesen Tagen verabschiedet hast.
Lieber Karl — es ist wahrscheinlich nicht leicht, sich von Dir zu verabschieden. Ich kann es mir einfach noch nicht vorstellen, Dich „in Pension“ zu wissen. Es paßt so gar nicht zu Dir. Du trittst sicher nicht ohne Sorge um unser Theater in den Ruhestand. Dir an dieser Stelle zu sagen, daß Du ein hervorragender Inspizient und ein hervorragender Betriebsratsobmann gewesen bist, ist für mich in diesen Deinen letzten aktiven Tagen am Burgtheater nicht das Wichtigste.
Ich möchte zum Abschied noch einmal meinen Schauspielerhut vor der kompromißlosen Leidenschaftlichkeit ziehen, mit der Du am vielgeschmähten Staatsbetrieb Burgtheater gehangen bist. Ich tue es über alle -für mich naturgegebenen — zeitweiligen Meinungsverschiedenheiten hinweg. Wir wissen, was wir Dir zu danken haben.
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