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Zweimal Saison

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Zweimal im Jahr auf Urlaub zu gehen — einmal im Sommer und einmal im Winter — ist für viele Leute bereits eine Selbstverständlichkeit geworden. Man weiß längst, da£ sich der Mensch im Winter mindestens ebensc gut, zumeist aber besser erholt als in den heißen Sommermonaten. Außerdem ist der Winterurlaub als geradezu ideale Unterbrechung des anstrengenden Arbeitsjahres beliebt geworden. Diesen neuen Uilaubsgewqhnheiten kommen die Fortschritte der österreichischer Fremdenverkehrswirtschaft — Vermehrung und Verbesserung der Unterkunftsmögiich- keiten, Aufschließung vieler Gebiete durch Liftanlagen und neue Verkehrswege — weil entgegen. Sie bringen manchen Gegenden, die bisher nur für einen Sommerurlaub in Frage kamen, tatsächlich eine zweite Saison.

Den Vorteil davon haben aber nicht nur die Fremdenverkehrsbetriebe und die Gemeinden, die jetzt zweimal im Jahr Gäste empfanger können, sondern auch die in- und ausländischen Touristen, welche „ihre" Feriengegend lieben und ihr treu bleiben wollen — und das sind gar nicht so wenige.

Sie brauchen sich jetzt in vielen Fällen nicht mehr an einen anderen Wintersportort zu gewöhnen, weil auch in der vertrauten Sommerfrische alles vorhanden ist, was der Skifahrei braucht: Liftanlagen, gepflegte Abfahrten, Skischulen, Eislaufplätze, Bobbahnen. Ihi kühles Sommerquartier ist im Winter tadellos geheizt, statt im schattigen Gasthausgarten sitzen sie in der gemütlichen Wirtsstube, und der Doktor und der Bürgermeister, mit denen sie sich in all den Sommern so gut unterhalten haben, begrüßen mit Hallo ihre altbekannten „Sommerfrischler“. Der einzige

Unterschied Ist nur, daß sie jetzt Skihosen tragen und anstatt 4ns Strandbad auf den Ubungshang gehen, wo der Lols, der im Sommer Schwimmunterricht erteilt das Wedeln vorzeigt.

In einigen Bundesländern ist die Umstellung auf „zweimal Saison" perfekt gelungen. Da ist in vielen Orten einfach schon alles vorhanden, was die Gäste in beiden Fällen brau-

chen. Rührige Gemeinden halten keinen Winterschlaf mehr, sie haben erkannt, was ihre Stammgäste wollen: zweimal im Jahr in gewohnter Umgebung Urlaüb machen und alles so vorflnden, wie sie es am Uriaubsende im Sommer verlassen haben.

Man sage nicht, daß so konservativ nur verzopfte, unmoderne Leute sein können. Die Sache hat viel für sich. Wenn man zum erstenmal in einen Urlaubsort kommt, weiß man ja doch nie so genau, was einen erwartet. Sind die Wirtsleute nett und zuvorkommend? Ist das Essen im Gasthaus ungefähr so, wie man es haben möchte? Hat das Dorf Atmosphäre oder ist es ein Allerweltsnest? Das alles weiß man genau, wenn man schon einmal oder vielleicht sogar öfter dort gewesen ist. Der Urlaub kann, ohne jegliche Eingewöhnung, ohne Anfangsenttäuschung, am ersten Tag ungetrübt und zufriedenstellend beginnen. Man verliert keine Zeit mit Ärger, eventuell sogar mit Umsiedlung in ein anderes Quartier. Man kennt alles, man wird freudig begrüßt, man legt seine Sachen in den Schrank und ist daheim. Ist das so wenig?

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