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Berichte, Legenden

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Als er noch Francesco Bernadone, Sohn des Pietro Bernadone war, gehörte er zur Jeunesse doree von Assisi. Da hörte er eines Tages eine Stimme: „Francesco, erneuere mein verfallenes Haus.“ Diese Worte hat er wörtlich und in ihrem tieferen Sinn verstanden. Das Kirchlein von. San Damiano in Assisi ist fast unverändert erhalten, im Gegensatz zu der großen Basilica di San Francesco;:. • • r*™ *v.o8ft •ttl;

1182 wurde Franz von Assisi geboren. 1209 brachte er die Urregel des von ihm zu gründenden Ordens nach Rom, ein Jahr später fand er sich mit seinen ersten Gefährten dortselbst ein. Auch wenn die Unterredung mit Innozenz III. nicht so drastisch verlaufen ist, wie sie später von einem englischen Benediktiner wiedergegeben wurde, so machte doch die Mitteilung, daß Francesco und seine elf Gefährten streng nach dem Evangelium und in voller Armut leben wollten, einiges Kopf-

zerbrechen, und der Papst erbat sich Bedenkzeit. Von einem Kleriker stammt das Wort, dieser Francesco sei „simplex et idiota“, und er könne in seiner Naivität viel Unheil stiften. Die endgültige Regel wurde 1223 von Honorius III. bestätigt und bedeutete einen Kompromiß.

Aber das alles war für die Wirkung des heiligen Franziskus in den folgenden Jahrhunderten ohne Bedeutung. Von einem namentlich nicht bekannten Bruder 'wurden sein Leben und seine Taten aufgezeichnet. Es sind Berichte und Legenden von Bekehrungen, Ekstasen und Wundern, in einer Sprache, die zwar vom „dolce Stile nuovo“ nicht zu lösen ist, aber durch ihre Unmittelbarkeit und naive Gläubigkeit ein Meisterwerk echter volkstümlicher Dichtung darstellt. Zugleich sind die „Fioretti“ auch ein Quellenwerk, wenn etwa in „Die Rettung des Bruders Elias“ von Friedrich II. berichtet wird, der gegen die Kirche

rebellierte und der, mitsamt seinen Ratgebern, in den Bann getan wurde. Einige Titel dieser meist kurzen Legenden und Berichte: „Die unerschütterliche Demut“, „Die Erprobung des Bruders Masseo“, „Der wunderbare Weinberg“, „Der gute Hirte“, „Die Weihnachten der heiligen Klara“, „Der Baum mit der goldenen Wurzel“...

Im 19. Jahrhundert wurden diese Legenden verniedlicht, obwohl Dante im XIII. Gesang des Paradiso Francesco als den größten Heiligen bezeichnet hat. Aber ob die „Fioretti“ tatsächlich, wie der Herausgeber und Übersetzer der vorliegenden Ausgabe meint, erst heute als Dokument eines „nachkonziliaren Christen“ erkannt werden? Jeden-

falls wirkten sie weiter durch die Jahrhunderte bis in unsere Zeit und haben immer wieder auch die verschiedenen Künste angeregt. Zuletzt, 1938, hat sich Paul Hindemith zu einer seiner schönsten Kompositionen, dem Ballett „Nobilissima Visione“, durch die Gestalt des Heiligen inspirieren lassen.

Sehr dankenswert sind die Landkarte mit den franziskanischen Stätten und die 16 Farbphotos, die der Verlag dieser schönen und handlichen Ausgabe beigegeben hat: sie zeigen die traumhaft schöne um-brische Landschaft, die Carceri in

einem Eichenwald, Ansichten von Assisi, den Dom, wo Francesco getauft wurde, die Stätten seines Wirkens: Foligno, Spoleto, Spello und Gubbio, den Trasimenischen See und die Isola Maggiore. Und man stimmt innerlich zu, daß gerade hier der Lebensweg des Bruders Francesco beginnen und enden mußte.

FIORETTI. Franz von Assisi in der Legende seiner Gefährten. Mit einem Nachwort des Übersetzter^ (Xaver Schnieper). Bucher-Verlag, Luzern/Frankfurt. 182 Seiten.

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