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Besser als manches Kunstbuch

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Ausstellungskataloge sind sehr oft nicht nur für die Besucher der betreffenden Ausstellung von Wert. Es gibt sogar Fälle, in denen der Ausstellungskatalog zwar nicht gerade den Besuch einer .Ausstellung ersetzen kann, aber die Lektüre des Kataloges allein immer noch besser ist als ein Ausstellungsrundgang ohne Katalog -weil dieser nämlich Informationen liefert, ohne die man die ausgestellten Exponate zwar genießen, aber nicht begreifen kann.

Dazu kommt, daß viele Ausstellungskataloge zwar etwas weniger gut gebunden sind, als Kunstbücher, dafür aber ungleich preiswerter. Was auf drei Hauptgründe zurückzuführen ist: Auf den Wegfall der Buchhändlerspanne, die garantierte Auflage (weil ein erheblicher Prozentsatz der Ausstellungsbesucher einen Katalog kauft) und nicht zuletzt darauf, daß Ausstellungen sehr oft subventionier werden und meist ein großer Teil der Subvention für die Herstellung des Kataloges verwendet wird.

Darum sollen hier einige Ausstellungskataloge vorgestellt werden, die man noch immer beziehen kann, obwohl die zugehörige Ausstellung bereits Vor einiger Zeit geschlossen wurde, und die jedem Sammler von Kunstbüchern empfohlen werden können. Abweichend von unseren Buchbesprechungen sind die Preise in DM angegeben, da der Kaufpreis überwiesen werden muß.

Das* Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt am Main widmete im vergangenen Jahr eine gewaltige Ausstellung einem Thema, das lange Zeit scheel angesehen wurde - den Naza-renern. Der Katalog (einschließlich Verpackung, Porto und Bankspesen 44,50 Mark) enthält Beiträge von Wissenschaftlern, deren Rang der Bedeutung der Ausstellung entspricht (zahlreiche Sammlungen der Bundesrepublik, aber auch österreichische, Schweizer, englische und sonstige Leihgeber) hatten eine Fülle von Werken nach Frankfurt geschickt, wobei die Quantität des Anschauungsmaterials in die Qualität einer neuen Bewertung der Nazarener umschlug. Die Ausstellung wurde zur Ehrenrettung einer als süßlich empfundenen und sich angeblich auf das Nachempfinden nachempfundener Gefühle beschränkenden Kunst, die aber eine Fülle bedeutender Talente in ihren Bann zog und auf eine Reihe sehr bemerkenswerter Leistungen hinweisen konnte. Der Katalog hat 430 Seiten und ist mit Abbildungen, darunter zahlreiche ganzseitige Farbtafeln, opulent ausgestattet.

Bescheidener (nämlich dünner) gibt sich der Katalog der Wanderausstellung „Paula Mödersohn-Becker -Zeichnungen, Pastelle, Bildentwürfe“, die in mehreren deutschen Städten, zuletzt im Kunstverein Hamburg (2 Hamburg 1, Ferdinandstor 1, Preis des Kataloges 16 Mark) zu sehen war. Die Ausstellung ergänzte die große Retrospektive, die ein Jahr früher in Bremen stattgefunden hatte, der Katalog enthält ausschließlich Zeichnungen -darunter viele, die nie zuvor veröffentlicht wurden. Die Entdeckung von Paula Modersohn-Becker als Zeichnerin ließ lange genug auf sich warten -noch 1957 verzichtete man in München bei der Übernahme der damaligen großen Bremer Modersohn-Ausstellung auf 100 Zeichnungen, weil man sie für unwichtig hielt! Im Mittelpunkt dieses zeichnerischen Werkes steht der Mensch.

Eine Ausstellung besonderer Art war schließlich die in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (Lichtentaler Allee 8 a) gezeigte Schau „Zum Beispiel Villa Romana, Florenz - Zur Kunstförderung in Deutschland I“, die eine Serie von Ausstellungen eröffnet, in denen Möglichkeiten und Schwierigkeiten heutiger Kunstförderung dokumentiert werden sollen. Gezeigt wird eine bunt durcheinandergewürf-tele Sammlung von Arbeiten der Bildenden Kunst, die nur das eine gemeinsam haben, zwischen 1957 und 1974 von deutschen Rompreisträgern geschaffen worden zu sein. Das bedeutet einen anregenden Überbück über die Fülle dessen, was in der Zeit von deutschen Künstlern geschaffen (beziehungsweise nachgeahmt) wurde - manches davon ist sekundär, manches begabt, einiges bemerkenswert. (Preis des reich bebilderten, 324 Seiten starken Kataloges: 25 Mark.)

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