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Bunte Kirche

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„Was erwarten Priester und Laien vom neuen Bischof?“

Da ich über dieses Thema schon öfters, auch in der FURCHE, geschrieben habe und mich nicht wiederholen wollte, habe ich bei einem Gemeindeabend die Gemeindemitglieder um ihre Meinung gefragt. Unter vielen Wünschen wurden die folgenden im-'mer wieder genannt:

Der Bischof soll bemüht sein, mit der Basis in Verbindung zu bleiben, um zu wissen, was das Volk denkt, spricht, fühlt... Dann würde er in seiner Verkündigung die Sprache finden, die das Volk versteht, die ankommt. In seinem Auftreten und in seinen Äußerungen sollte er immer auch daran denken, wie er bei den Fernstehenden wirkt, welchen Eindruck er ihnen vermittelt.

Er soll sich dafür interessieren, was in den Gemeinden vorgeht, soll ihnen vorurteilsfrei begegnen, die Entwicklungen in den Gemeinden beobachten und den nötigen Freiraum garantieren, daß sich neue Initiativen entfalten können.

Daher soll er nicht bloß anläßlich von Visitationen und Firmungen in die Pfarrgemeinden kommen, sondern möglichst intensiven Kontakt mit ihnen halten. Wenn der Bischof zu irgendwelchen Fragen in der öf f entüch-keit Stellung nimmt, erweckt das bei den Leuten, besonders den Fernstehenden, den Eindruck, daß er als Repräsentant der Kirche die Meinung der Kirche wiedergibt. Das mißfällt mündigen Christen, wenn sie gar keine Möglichkeit haben, dem Bischof zu sagen, wie sie selbst in diesen Fragen denken.

Daher soll der Bischof im Gespräch mit den Christen seiner Diözese zwar durchaus seine eigene Meinung vertreten und den Gemeinden deutlich sagen, was er von ihnen will, er soll aber auch dialogbereit sein, auf die Gemeinden hören, ernst nehmen, was sie von ihm wollen, und auch bereit sein, Kritik anzunehmen. Um für diese Begegnungen und Gespräche mit den Gemeinden Zeit zu finden, soll er sich bei bloßen Repräsentationspflichten vertreten lassen.

Der Bischof soll uns Vorbüd im Glauben sein, einen bescheidenen Lebensstü haben, keine Pfändungen wegen Nichtzahlung des Kirchenbeitrags zulassen.

Er hat selbstverständlich das Recht, seine ihm richtig scheinende Spiritualität zu leben und dafür zu werben, möge aber nicht einseitig sein und auch andere Formen des Glaubenslebens gelten lassen. Er sollte überhaupt offen sein für verschiedene Strömungen und neue Bewegungen in der Kirche, neue Erkenntnisse der Theologie und der Humanwissenschaften zur Kenntnis nehmen und sich in der österreichischen Bischofskonferenz dafür einsetzen, daß in der Kirche die Gleichberechtigung der Frau endlich verwirklicht wird.

Er soll sich bewußt sein, daß er Bischof für uns und nicht für Rom ist, soll keinen diözesanen Zentralismus anstreben, sondern eine pluriforme, bunte Kirche ermöglichen. Und er soll uns bald in Schwechat besuchen!

Der Autor ist Pfarrer von Schwechat

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