6827849-1974_21_13.jpg
Digital In Arbeit

Der Sieg des Lichts

Werbung
Werbung
Werbung

Am vergangenen Freitag wurde in der Piaristenkirche Maria-Treu in Wien die große Franz-Anton-Maul-bertsch-Ausstellung eröffnet, die sich über drei Ausstellungsorte verteilt: Im Wiener Piaristenkloster sind 152 Arbeiten — Ölbilder, Zeichnungen und Stiche — dieses größten österreichischen Barockmalers zu sehen, im Schloß Heiligenkreuz-Gutenbrunn Werke seiner Zeitgenossen und im Schloß Halbthum im Burgenland eine Dioramenschau, die sein auf Österreich, Ungarn, Böhmen und Mähren verteiltes Freskenwerk zur Geltung bringt. An allen drei Ausstellungsorten hat Maulbertsch ebenfalls wesentliche Freskenwerke geschaffen: in der Wiener Piaristenkirche die Kuppel- und Deckenfresken, die der damals 28jährige Maler von 1752 bis 1753 schuf, in der Kirche von Heiligenkreuz-Guitenbrunn die Kuppel- und Deckenfresken von 1757 und im Schloß Halbthurn das Deckenfresko „Triumph des Lichts“, das von ihm 1765 vollendet wurde. (Das Hildebrandt-Schloß, 1949 durch einen mysteriösen Brand schwer beschädigt, wurde für die Ausstellung renoviert, die Ausstellung durch den Architekten Johannes Spalt gestaltet, der auch vor den Platz der Piaristenkirche neubarocke Säulenplastiken Wander-Bertonis stellen ließ.)

Diese großartigen Ausstellungen, die ein künstlerisches Ereignis ersten Ranges bedeuten und bis Ende September geöffnet bleiben, gelten dem 250. Geburtstag eines Künstlers, der bald nach seinem Tod in Vergessenheit geriet und erst in diesem Jahrhundert zögernd wiederentdeckt wurde. Am 7. Juni 1724 in Langenargen am Bodensee als Sohn eines Malers geboren, kam Franz Anton Maulbertsch als Fünfzehnjähriger nach Wien, wo er die Akademie besuchte. Künstlerisch setzte er sich mit den Werken seiner Vorgänger und Zeitgenossen, den Arbeiten von Ricci, Pittoni, Carlone, Bencovich und Andrea Pozzo, der süddeutschen Barockmalerei und Paul Troger auseinander, der mit anderen Akademiemitgliedern einen übersteigernden Stil des Spätbarocks schuf, dem Maulbertsch folgte und zu einer Ausdruckskraft gesteigerter und sublimer Farbigkeit entwickelte, mit der er sich auf den Boden des Rokoko stellte. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens, vor allem in den Fresken von Sümeg, Nikolsburg und Kremsier, stellte er seine manieri-stisch empfundene Formenwelt in den Dienst einer Malerei, die mit ungeheurer Leidenschaft und Dynamik die Farbe zum Träger von Licht und Ausdruck werden ließ und mit ihr atmosphärische Räume schuf, in denen die nahezu entmaterialisierten Formen ekstatisch zucken und brodeln, eine Geistesverwandtschaft zu El Greco und Magnasco andeuten.

Das Brio und die Erfindungskraft des malerischen Vortrags, eine geradezu sinnlich optische Lust an der Farbigkeit, vor allem im Detail, das sich aus der sinnvollen malerischen Gesamtheit zu lösen beginnt, kennzeichnen ihn. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre begann aber eine deutliche Wandlung, die den Künstler mehr und mehr in der Auseinandersetzung mit den Tendenzen der Zeit der Aufklärung, dem heraufdämmernden Klassizismus, zeigt. Es ist eine Zeit der Beruhigung im Werk, einer Reife, in der das innere Feuer, sein überschwenglicher Gefühlsreichtum, langsam erlischt, der Zwang des neuen Geschmacks übermächtig wird. Zwischen den Epochen stehend, konnte der alternde Maler den neuen Ansprüchen auch aus innerster Überzeugung nicht mehr genügen. Sein Werk klang langsam in teils genialischem Aufzucken und zwiespältigen Lösungen aus. Als er am 7. August 1796 an der Wassersucht starb, war sein Werk bald vergessen.

Daß es heute wieder, in der ersten großen umfassenden Schau seiner Werke, endlich seine verdiente Auferstehung feiert, ist auch ein Verdienst der 1960 erschienenen ersten großen Monographie über Maulbertsch der ungarischen Kunsthistorikerin Klara Garas, vor allem aber der Veranstalter der Ausstellungen, der Bundesländer Wien, Niederöster-reioh und Burgenland, des Unterrichtsministeriums und des Wissenschaftsministeriums. Die ausgezeichnete Organisation hingegen ist dem Kunstverein Wien zu danken. Sie alle haben ermöglicht, daß ein großer Künstler wieder m unser Bewußtsein tritt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung